Wochenimpuls

Impuls der Woche von Kardinal Woelki

Viele von uns haben in den vergangenen Tagen einen oder gar mehrere unserer Friedhöfe besucht. An Allerheiligen, an Allerseelen, bei manchen vielleicht auch erst heute finden aus diesem Anlass Gräbersegnungen statt. Nahezu überall sind dazu die Gräber herausgeputzt, Kerzen und Blumen aufgestellt worden. Eine kleine Geste für unsere lieben Verstorbenen. Eine kleine Geste, in der aber viel Bedeutsamkeit steckt: Manchmal tiefer Schmerz über den Verlust eines geliebten Menschen, manchmal auch Ohnmacht angesichts eines zu frühen und zu plötzlich eingetretenen Todes, vor allem aber eben: Liebe. Für uns als katholische Christen zeigt sich diese Liebe darüber hinaus aber vor allem im Gebet für sie, für unsere Angehörigen und Freunde, aber auch für alle anderen Verstorbenen, für die sonst niemand mehr betet und an die oft niemand mehr denkt. Und genauso, wie wir heute für sie beten, wird eines Tages dann hoffentlich auch für uns jemand beten.

Diese manchmal so trüben Novembertage sind für mich so etwas wie der Ernstfall unseres Glaubens, genauer unseres Osterglaubens. Denn das Gebet und diese kleinen, aber bedeutsamen Gesten, all das wächst aus unserem Glauben, dass die, die jetzt nicht mehr unter uns sind, bei Gott leben. Denn Gott hat ja seinen Sohn Jesus als ersten von den Toten auferweckt. Das geschah damals zu Ostern in Jerusalem. Und er will, dass auch wir leben. Deshalb schenkt er uns durch die Auferweckung seines Sohnes Anteil an seinem göttlichen Leben, in dem sich unser Menschsein in unsagbarer Seligkeit vollendet. Welch große Zukunft Gott da doch für einen jeden von uns bereit hält! Vor allem aber: Diese Zukunft macht unser jetziges Leben schon so unendlich lebens- und liebenswert, da wir darum wissen, dass wir erwartet sind, von Gott selbst erwartet. Dieses hoffnungsfrohe Wissen darum ist es, das ich Ihnen heute an diesem Sonntag von ganzem Herzen wünsche. 

Ihr Rainer Woelki, Erzbischof von Köln

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