Stimmen: Grußwort des Apostolischen Administrators zum Ende seines Dienstes im Erzbistum Köln

"Viel Wunderbares erlebt"

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder!

Ich komme heute zu Ihnen, um mich von Ihnen zu verabschieden. Nein, nicht auf Dauer, wohl aber in meinem Amt als Apostolischer Administrator, das ich im Auftrag von Papst Franziskus während der geistlichen Auszeit von Kardinal Woelki übernommen habe. Diese Zeit geht jetzt mit dem Aschermittwoch zu Ende, an dem Kardinal Woelki wieder in den Dienst zurückkehrt.

Im Oktober bin ich mit dem Auftrag angetreten, die ordnungsgemäße Verwaltung des Erzbistums sicherzustellen und dafür zu sorgen, dass sich die ganze Erzdiözese auf einen inneren Weg der Umkehr, der Versöhnung und der Erneuerung begibt.

Mit Blick auf die verfahrene Situation im Erzbistum habe ich damals gedacht: Mission impossible. Dennoch habe ich den mutigen Satz gewagt: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.

Wenn Sie mich heute, viereinhalb Monate später, fragen: „Na, wie war‘s denn? Warst du erfolgreich? Ist das Wunder eingetreten?“, wird mein Antwortversuch nicht so ganz einfach. 

Um mich zu erklären, mache ich einen Umweg über den französischen Marienwallfahrtsort Lourdes. Nach Lourdes kommen Scharen von Kranken, die beten und auf eine Heilung hoffen. Eine spektakuläre Heilung, ein sogenanntes „Wunder“ geschieht ganz, ganz selten. Dennoch verlassen viele Pilger Lourdes anders als sie gekommen sind: getrösteter, vertrauender, ja, auch heiler.

Jetzt der Bogen zu uns: Nein, das spektakuläre Wunder ist ausgeblieben. Der Erzbischof und die Christen im Erzbistum liegen sich nicht in den Armen, bekennen Ihre Schuld und feiern Versöhnung. Wenn man den Umfragen folgt, scheinen viele Gräben noch tiefer und unüberbrückbarer als zuvor. Die Probleme sind nicht gelöst.

Dennoch habe ich in den letzten Monaten viel Wunderbares erlebt. Meine Wunder: Es gab für viele eine Zeit des Aufatmens, Blockaden wurden aufgehoben, Gesprächsfäden wieder neu geknüpft. Wir haben eine neue Kultur des Miteinanders eingeübt. Synodalität blieb kein Schlagwort: viele haben sich miteinander auf dem Weg erlebt. In einem veränderten Klima wurden die Gremien nicht schwächer, sondern stärker. 
Ich finde: das ist nicht wenig! 
    
Wir wissen nicht, was kommt.  Aber: Wir bleiben einander erhalten. 

Als Christen wissen wir: Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei. Nur der Karneval! Mit dem Aschermittwoch beginnt eine neue Zeit. Diese Zeit hat auch etwas mit Passion zu tun. Mit Leiden und mit Leidenschaft. Ich fürchte, das werden wir auch miteinander erleben und aushalten müssen. Aber am Ende steht immer Ostern, die Verheißung neuen Lebens. 

Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: "Wir dürfen dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt". 

Ich bleibe Ihnen verbunden und grüße Sie sehr herzlich,
Ihr + Rolf Steinhäuser