Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Zölibat gerät ins Schwimmen

Im Kölner Priesterseminar gab es einst ein kleines, feines "Zöli-Bad". So nannten die Kleriker damals ihr Schwimmbad im Keller. Als ich als Zivildienstleistender für das Erzbistum Köln arbeitete, durfte auch ich dort meine Bahnen ziehen. An dieses "Zöli-Bad" musste ich denken, als in dieser Woche wieder einmal über den Sinn und Zweck der priesterlichen Ehelosigkeit, den Zölibat diskutiert wurde.

Ausgelöst hatte der Papstvertraute und Erzbischof von Malta die neuen zölibatären Wellen, weil er sich eine "ernsthafte Diskussion" und gar die Überarbeitung der Regel für eine verpflichtende Ehelosigkeit der Priester wünschte. Gerade die konservativen Kirchenmänner hörten da ganz genau hin, immerhin hatte der Papst gerade erst beim "Segen für alle" die Segel im Vatikan gestrichen und so weltweit für Unruhe gesorgt.

Gerät jetzt also auch die Bastion des Zölibats ins Schwimmen? Die verpflichtende Ehelosigkeit für Priester gehört seit Jahrhunderten wie das Amen zur katholischen Kirche. Richtig ist aber auch: Im ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte kam man auch ohne Zölibat ganz gut durch die Zeit. Seit meiner Zeit als Zivi sind in der Frage rund um den Zölibat kaum neue Argumente auf den Tisch gekommen. Durch den Priestermangel und die kirchliche Missbrauchsdebatte hat sich lediglich der Druck erhöht.

Beim Synodalen Weg stimmte folglich nicht nur die überwältigende Mehrheit, sondern auch fast 90 Prozent der Bischöfe für eine Öffnung des Zölibats. Eigentlich muss man dem Erzbischof von Malta also widersprechen: Es braucht keine neue ernsthafte Diskussion, sondern endlich eine Entscheidung: Der Zölibat ist ein wunderbares Geschenk Gottes - der verpflichtende Zölibat ist Menschenwerk und kann getrost aufgehoben werden. Die katholische Kirche wird dadurch nicht baden gehen. Ganz im Gegenteil: Beim Schwimmen im priesterlichen Zöli-Bad habe ich gelernt: Wer über sich und seine Welt humorvoll schmunzeln kann, wird ein Leben lang Freude haben. Das von Gott versprochene Leben in Fülle!

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur DOMRADIO.DE

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