Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Katastrophe auf Probe

Um 11 Uhr haben am Donnerstag bundesweit 38.000 Sirenen geheult. Millionen Handys schrillten auf. Überall im Land wurde auf digitalen Anzeigetafeln, in Rundfunk und Fernsehen vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe gewarnt und gleichzeitig entwarnt. Es war nur ein Test. Eine Katastrophe auf Probe. Gott sei Dank! 

Als ich die Sirenen in meiner Stadt hörte, dachte ich unweigerlich an meine Freunde in Kiew. Wenn in der Ukraine gewarnt wird, geht es immer um Leben und Tod. Die Bedrohung durch Bomben und Raketen ist real. Sie kann jede und jeden treffen, selbst wenn man sich längst an diesen Wahnsinn gewöhnen musste. Zu den von Menschen verantworteten Kriegen kommen die Naturkatastrophen, die teilweise auch von Menschen mit verursacht werden. Aktuelle Schreckensbilder kommen aus Libyen und Marokko. Im ganzen Mittelmeerraum gab es in diesem Sommer mehr Brände, Dürren und Überflutungen als gewohnt, in den Alpen Dauerregen und Erdrutsche. In Kanada haben Waldbrände eine Fläche verwüstete, die fast doppelt so groß ist, wie alle deutschen Wälder zusammen. Es sieht so aus, als sei die ganze Welt dabei, aus den Fugen zu geraten. Wissenschaftler haben ebenfalls in dieser Woche unseren Planeten Erde mit einem Patienten vergleichen, dem immer mehr die Puste ausgeht. In sechs von insgesamt neun lebensnotwendigen Kernbereichen seien die Grenzen bereits überschritten.

Ja, ich mache mir natürlich Sorgen, wie das alles wohl weitergeht und wo das endet. Aber viel größer als meine Sorge ist meine Dankbarkeit. Dankbar bin ich, dass es uns hier bei uns im Land doch eigentlich noch so unendlich gut geht. Dass Katastrophen nur geprobt werden! Diese tiefe Dankbarkeit gibt mir neue Kraft: Kraft, mitzuhelfen, dass die Not woanders gelindert wird. Die Dankbarkeit gibt mir aber auch Mut und Hoffnung, die ich gerne weitergebe. Denn ganz am Ende bleibt immer die Zusage Jesu: Fürchtet Euch doch nicht. Macht Euch keine Sorgen - ich bin bei Euch, bis an das Ende der Erde! 

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur von DOMRADIO.DE

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