Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Du sollst Dir ein Bild machen!

Das stärkste Bild bei der Beerdigung auf dem Petersplatz war für mich, als Papst Franziskus erhobenen Hauptes seine Hand auf den Sarg von Benedikt XVI. legte, bevor dieser getragen vom Applaus vieler Gläubiger hinter dem roten Vorgang im Petersdom verschwand.

Es spielt keine Rolle, dass das weite Säulenrund vom großen Baumeister Bernini nicht ganz gefüllt war. Die Bilder, die die zahlreichen Kameras einfingen, gingen um die Welt. Wie schon vor 18 Jahren, als der Wind das Evangelium auf dem Sarg von Papst Johannes Paul II. damals aufblätterte wie ein Lebensbuch. Kirche kann Bilder.

Und Bilder haben eine ungeheure Macht. Wer nur lange genug das Bild Michelangelos vom letzten Abendmahl Jesu gesehen hat, der weiß doch sehr genau, wie es damals gewesen sein muss. Was sich aber in alle den Jahrhunderten geändert hat: Heute braucht es keine begnadeten Bildhauer oder Maler mehr, um die Wahrheit ans Licht zu bringen. Handynutzer aus aller Welt machen sich ihr ganz eigenes Bild - vom ersten Babyfoto bis zum Video mit dem Leichnam Benedikts.

Was aber bedeutet das für das zweite der 10 Gebote. Das fordert ganz klar, dass man sich doch bitte von Gott kein Bild machen möge? Wer immer sich ein Bild macht, legt sich fest. Gott aber will sich nicht festlegen lassen und bleibt für uns unsichtbar. Am Ende immer auch unbegreifbar. Selbst für blitzgescheite Päpste.

Gerade dieses Geheimnis des Glaubens aber schenkt uns Hoffnung. Hoffnung auf ein ewiges Leben bei Gott. Papst Franziskus hat diese urchristliche Hoffnung wunderbar liebevoll ins Wort gebracht. "Benedetto, Du treuer Diener Freund Christi, möge Deine Freude vollkommen sein, wenn Du seine Stimme endgültig und immer hörst!" Franziskus weiß offenbar, dass seine Hand auf dem Sarg als Bild funktioniert. Er weiß aber noch besser, dass der Glaube vom Hören kommt. Und dass erst das Wort Gottes Leben in Fülle und ohne Ende schenkt. 

Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur

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