Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Stunde der Wahrheit

Das Erzbistum Köln und der Kölner Kardinal Woelki können sich seit Monaten wirklich nicht über mangelnde Aufmerksamkeit der Medien beklagen. In der vergangen Woche aber ging es Schlag auf Schlag – Schlagzeile auf Schlagzeile: Noch zu Wochenbeginn stand Kardinal Müller mit seinem Treubekenntnis dem bedrängten Mitbruder bei: "Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum Kardinal Woelki zurücktreten sollte", so die Headline des katholischen Hardliners in der "WELT".

Kurz darauf untersuchte die "FAZ" die "Legiönäre Woelkis" um dann dem Kölner Betroffenenbeirat zu bescheinigen, das dieser "Von Woelki überrumpelt" worden sei. Das "ZDF-heute journal" fragte immerhin noch: "Handelte Woelki nach Drehbuch?" und auch der "WDR" setzte noch ein Fragezeichen hinter seine Überschrift "Betroffenenbeirat instrumentalisiert?" Gleichzeitig wies bundesweit da schon die "dpa" darauf hin, dass "Ranghohe Geistliche eine Erklärung von Kardinal Woelki verlangten!" Gemeint waren die Stadtdechanten von Köln, Bonn und Wuppertal.

Da der Kardinal schwieg, stellte sich sein neuer Generalvikar schützend vor sein Alter Ego. Es half alles wenig: "Stellungnahme des Erzbistums Köln fällt schmallippig aus" legte der "WDR" nach. Und das Onlineportal "Kirche+Leben" des Bistums Münster bescheinigte dem Nachbarbistum "Medienschelte und Woelki schweigt - Nichts verstanden im Erzbistum Köln". Das Nachrichtenmagazin "DER SPIEGEL" wurde noch deutlicher und titelte: "Moralische Bankrotterklärung der Bistumsleitung!" Land auf und Land ab zeigten sich selbst Regionalblätter wie die "Grafschafter Nachrichten" ganz entrüstet: "Hat Woelki Missbrauchsbetroffene nach Drehbuch ausgenutzt?" Die Pressemitteilung des Erzbistums Köln wies das entschieden zurück. Aber es half alles nichts. Selbst die "taz" hielt dem Kölner Kardinal bibelfest den Spiegel vor und titelte "Nicht falsch Zeugnis reden!". 

Unliebsame Schlagzeilen kontert man am besten mit einem mutigen Befreiungsschlag! Der Kardinal von Köln hat für sich den Wappenspruch "Wir sind Zeugen" aus der Apostelgeschichte gewählt. Es wäre höchste Zeit für ein klares Zeugnis der Wahrheit. 

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

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