Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Irren ist päpstlich!

"Die Doktrin der Entdeckung: Es stimmt, sie ist böse und ungerecht!" sagte Papst Franziskus. Die Medien berichteten eher über das lädierte Knie des Papstes - oder spekulierten über seinen Rücktritt. Dass der Papst aber die Lehre seiner Vorgänger klar verurteilte und korrigierte, wurde dabei leider oft übersehen. Dabei sind die päpstlichen Worte eine kopernikanische Wende. Gelten doch päpstliche Lehraussagen gemeinhin für immer und ewig. 

Zu Zeiten, als Kolumbus Amerika entdeckte, wurden im Vatikan Bullen auf den Weg geschickt, die dazu aufriefen, Ungläubige zu unterwerfen, dauerhaft zu versklaven und sich ihren Besitz zu nehmen. Diese historischen Kirchendokumente legitimierten den christlichen Monarchen ihre Eroberungsfeldzüge - legitimierten Versklavung und Völkermord. Prägten die Rechtsprechung über Jahrhunderte. Wie gut, dass Franziskus klar macht: Auch Päpste können irren! Die Lehre der Kirche kann der wissenschaftlichen Erkenntnis angepasst werden. Dogma und Moral seien in der Kirche "immer auf einem Weg der Entwicklung", so zitiert Vatican News den Papst. Hört, hört!, möchte man da besonders den Ewiggestrigen zurufen, die jegliche synodalen Wege der Veränderung als chancenlos und Abfall vom wahren Glauben ansehen. Ja – es gibt eine Frohe Botschaft des Glaubens, die unveränderlich ist und bleibt. Aber selbst hinter dicken vatikanischen Mauern erkennt man bisweilen, dass die Erde keine Scheibe ist. Dass die eigenen Lehraussagen "böse und ungerecht" waren, weil sie die Botschaft Jesu mit Füßen traten. 

Frauen, die diskriminiert werden, Homosexuelle, die verurteilt werden – all jene, die sich von ihrer Kirche verraten und verkauft oder einfach abgekanzelt fühlen, dürfen hoffen: Darauf, dass Ausgegrenzte wieder in die Mitte gestellt werden. Dass die Botschaft Jesus auch in der Kirche ankommt – selbst wenn es manchmal 500 Jahre dauert. 

Ingo Brüggenjürgen

Chefredakteur

Themen