Wochenkommentar: Der Chefredakteur kommentiert

Ein Dorf glaubt

Über ganz Europa hängt der Geruch des Todes. Leben, das gerade noch blühte, wird ausgelöscht. Alte und Schwache trifft es zuerst. Aber auch junge Menschen rafft die tödliche Krankheit dahin. In einem kleinen Dorf in den Ammergauer Alpen stapeln sich längst die Leichen. 80 Tote! Nahezu alle Familien sind betroffen.

In ihrer ausweglosen Not geben die Dorfbewohner Gott ein Versprechen: Wenn es keine weiteren Toten im Dorf mehr geben sollte, dann wollen sie regelmäßig mit einem großen Schauspiel an das Leiden und Sterben Jesu erinnern. Das Wunder passiert! Gott hat Erbarmen. Es gibt keine Pesttoten mehr, so überliefert es die Legende.

Wenn an diesem Wochenende in Oberammergau die Passionsspiele Premiere haben, dann wird das alte Versprechen erneut eingelöst. Seit fast 400 Jahren halten sich die Dorfbewohner an ihr Gelübde. Selbst, wenn die größten Passionsspiele der Welt wegen Corona dieses Mal erst mit zwei Jahren Verspätung über die Bühne gehen. Klar, aus einem kleinen Versprechen ist längst ein großes Theater, ja Weltkulturerbe geworden. Ein Event mit enormer wirtschaftlicher Bedeutung für die ganze Region. 

Der Ursprung und Kern aber ist in all den Jahren geblieben: Menschen, die ihre ganze Hoffnung auf Gott setzen. Die ihm ihr grenzenloses Vertrauen schenken. Menschen, die von Gott nicht enttäuscht werden! Welche wunderbare Botschaft, die bestimmt nicht nur in Oberammergau funktioniert.

Ingo Brüggenjürgen
Chefredakteur

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