"Kirche in Not" berichtet von Massenflucht aus Krisenregion Tigray

Angst vor der näher rückender Front

Die Kämpfe um die äthiopische Krisenregion Tigray eskalieren: Priester, die sich in der benachbarten Region Amhara um Geflohene kümmern, berichten von einer Massenflucht.

Flüchtlinge aus der Region Tigray / © Marwan Ali (dpa)
Flüchtlinge aus der Region Tigray / © Marwan Ali ( dpa )

Das teilte das internationale Hilfswerk "Kirche in Not" am Donnerstag in Wien mit. Ein Jahr nach Ausbruch des blutigen Konflikts im Norden Äthiopiens greifen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und den Anhängern der "Tigray's People Liberation Front" (TPLF) demnach auf andere Landesteile über.

Sorge und Angst

In Kombolcha, etwa 380 Kilometer nördlich der Hauptstadt Addis Abeba, versorgten die Geistlichen die 4.000 Geflohenen aus Tigray mit Lebensmitteln, Decken und Wasser. Zuletzt habe sich die Sorge um die humanitäre Hilfe für die Binnenvertriebenen in Angst vor der näher rückenden Front verwandelt. Am 31. Oktober habe die TPLF die Städte Kombolcha und Dessie eingenommen, nachdem sie die Regierungstruppen immer weiter in die Defensive gedrängt hatte. Viele Menschen seien getötet worden.

Schon vor der Eskalation Anfang der Woche habe eine Massenflucht eingesetzt: "Wer Verwandte in Addis Abeba hatte, schickte Frauen und Kinder dorthin", sagte ein Missionar laut "Kirche in Not". "Wir haben auch unsere Priesterseminaristen aus Kombolcha in die Hauptstadt evakuiert. Nur wir Priester sind zunächst geblieben, um bei den vielen Flüchtlingen zu sein - und um zu sehen, wie sich die Dinge entwickeln."

Enttäuschte Friedenshoffnungen

Die im Sommer aufkeimenden Friedenshoffnungen nach der Wiederwahl von Premierminister Abiy Ahmed seien enttäuscht worden: "Vor der Vereidigung waren überall in der Hauptstadt Schilder mit der Aufschrift 'Neuanfang' zu sehen. Wir hofften, dass der Krieg zu Ende gehen würde. Stattdessen ist er uns immer nähergekommen."

Begonnen hatten die Kämpfe in der Region Tigray am 4. November 2020. Premier Ahmed warf der TPLF damals die Abhaltung illegitimer Wahlen vor und entsandte Truppen in die Region. Vorausgegangen waren jahrelange ethnische und politische Auseinandersetzungen zwischen den Tigray und anderen Bevölkerungsgruppen.

Auch das jahrtausendealte reiche christliche Erbe Äthiopiens sei durch die Kämpfe bedroht, beklagte "Kirche in Not": Die Städte Lalibela, bekannt für ihre Felsenkirchen, und Axum, die ehemalige Hauptstadt und nach äthiopischer Überlieferung Aufbewahrungsort der Bundeslade, gerieten zwischen die Kampflinien. Die Bevölkerung setzt sich etwa je zur Hälfte aus Christen und Muslimen zusammen.   


Quelle:
KNA
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