Ein Kardinal der Peripherie als neuer Erzbischof von Manila

Ein stiller Zuhörer für die laute Stadt

An diesem Freitag empfängt der künftige Erzbischof von Manila, Jose Advincula, vom päpstlichen Nuntius den Kardinalshut. Wegen Corona hatte der Streiter für Menschenrechte 2020 auf die Reise zum Konsistorium nach Rom verzichtet.

Autor/in:
Michael Lenz
Erzbischof Jose Fuerte Advincula / © Romano Siciliani (KNA)
Erzbischof Jose Fuerte Advincula / © Romano Siciliani ( KNA )

Die Überraschung auf den Philippinen war groß, als Jose Advincula 2020 in den Kardinalsstand erhoben wurde. Bisher waren Manila und Cebu die traditionellen Kardinalssitze der Philippinen.

Mit der hohen Würde für den Erzbischof der Provinzstadt Capiz blieb der Papst seiner Politik der "Peripherie" treu.

Und noch größer war die Überraschung, als der Papst den frischgebackenen Kardinal von den Rändern als neuen Erzbischof in die oft als "politische Schlangengrube" bezeichnete Hauptstadt beorderte.

Nachbar von Präsident Rodrigo Duterte

In Intra Muros - dem historischen Stadtteil von Manila und Sitz sowohl des Erzbistums wie der katholischen Bischofskonferenz - wird der 69-jährige Advincula Nachbar von Präsident Rodrigo Duterte, dessen Amtssitz, der Malacanang-Palast, gleich um die Ecke liegt. Als Verächter der Menschenrechte, Gegner der katholischen Kirche und Liebhaber lauter, oft rüder Rhetorik ist der 76-jährige Duterte das genaue Gegenteil von Advincula mit seinem bischöflichen Motto "Audiam" - "Ich höre zu".

Morde im "Krieg gegen Drogen", Korruption, chaotische Corona-Politik und himmelschreiende Armut sind nur einige der vielen Probleme der philippinischen Hauptstadt. So mancher Katholik wünscht sich einen Erzbischof, der laut und deutlich seine Stimme gegen die Ungerechtigkeiten erhebt und den Mächtigen die Leviten liest - so wie der bis heute verehrte Kardinal Jaime Sin, der 1986 zusammen mit Corry Aquino den Volksaufstand anführte und damit das Ende der Diktatur von Ferdinand Marcos einleitete.

Advincula mag den Vergleich mit Sin nicht, obwohl ihn Sin 1964 als Zwölfjährigen ins Seminar aufnahm, sein Lateinlehrer wurde und später den damaligen Erzbischof von Capiz überzeugte, Advincula zum Studium des Kirchenrechts nach Rom zu schicken.

Im Gespräch mit dem Pressesprecher der Erzdiözese Capiz auf der Inselgruppe der Westlichen Visayas stellte Advincula jüngst klar: "Kardinal Sin ist Kardinal Sin, und ich fürchte, ich werde mich nicht so lautstark äußern wie er." Zu den Morden im Drogenkrieg und der Corona-Politik sagte er, Bischöfe äußerten sich bereits ausgiebig und deutlich zu diesen Themen.

Guter und ausdauernder Zuhörer

Advincula beschrieb damals seine "primäre Aufgabe" in Manila so: "Ich bin noch immer ein Hirte. Ich werde mich auf das Glaubensleben der Menschen in Manila konzentrieren. Ich habe vor, die Gemeinden und andere Orte in Manila zu besuchen." Der als sehr guter und ausdauernder Zuhörer bekannte Prälat will in Manila das tun, was er in Capiz erfolgreich gezeigt hat: Missionsstationen gründen, um die Kirche an die Ränder, zu den Menschen zu bringen, statt darauf zu warten, dass die Menschen zur Kirche kommen.

In Pablo Virgilio David, Bischof von Kalookan, findet Advincula einen Bruder im Geiste. Der heutige Vize-Vorsitzende der Bischofskonferenz kam 2015 als Dozent eines Priesterseminars aus der akademischen Arbeit in der Provinz auf den Bischofssitz eines der ärmsten Teile Manilas.

Wenige Monate später wurde Duterte zum Präsidenten gewählt und das Gebiet ein Hotspot der Morde im Drogenkrieg. David war entsetzt, dass sich die Priester seiner Gemeinden nicht um die Familien der Opfer kümmerten mit der Begründung: "Die kommen ja nicht zu uns." Er wies die Geistlichen an, zu den Opfern, zu den Menschen zu gehen, gründete Missionsstationen und wurde auf politischer Ebene zu einem der schärfsten Kritiker Dutertes.

Advincula wird sich als Erzbischof vielleicht nicht so lautstark äußern wie David oder sein früherer Mentor Sin. Aber auch vom Zuhörer werden klare Worte zu erwarten sein, wie ein Satz vermuten lässt, den er 2020 Vatican News sagte: "Die Kirche hat dafür zu sorgen, dass die Würde des Menschen und die Menschenrechte des Volkes respektiert werden."


Quelle:
KNA