Bangladesch wählt ein neues Parlament

Mit Gewalt ins neue Jahr

Das überwiegend islamische Bangladesch wählt an diesem Sonntag ein neues Parlament. Das Land ist gespalten. Immer wieder kam es im Wahlkampf zu blutiger Gewalt.

Wahlhelfer transportieren Wahlmaterial für die Parlamentswahl (dpa)
Wahlhelfer transportieren Wahlmaterial für die Parlamentswahl / ( dpa )

Einmal mehr treten die großen alten Damen der beiden großen Polit-Dynastien gegeneinander an. Premierministerin Sheikh Hasina (71) und ihre säkulare Awami Liga (AL) lassen keinen schmutzigen Trick aus, um an der Macht zu bleiben. Ihre Gegenspielerin Khaleda Zia (73) hingegen sitzt wegen angeblicher Korruption und Unterschlagung im Gefängnis. Die Vorsitzende der pro-islamischen Nationalen Partei von Bangladesch (BNP) und Ex-Premierministerin ist trotzdem omnipräsent im Wahlkampf ihrer Parteifreunde.

"Falsche und fingierte Klagen"

Die Inhaftierung der Begum Khaleda Zia und anderer Spitzenfunktionäre ist nur die prominente Spitze der massiven Unterdrückung der BNP, die sich mit kleineren Parteien zur Oppositionskoalition Jatiya Oikya Front zusammengetan hat. Die von Medien in Bangladesch veröffentlichten Zahlen von Angriffen gegen die Opposition (Stand 17. Dezember) sprechen für sich: 26 Autokonvois von Oppositionspolitikern wurden von AL-Anhängern angegriffen; 13 Oppositionskandidaten und 875 Anhänger der BNP wurden dabei verletzt. Im gleichen Zeitraum wurden zwei AL-Mitglieder getötet und 75 bei Wahlveranstaltungen verletzt.

Mehr als 150 Oppositionsmitglieder wurden verhaftet. Seit September überzogen die Behörden mehr als 300.000 Lokalpolitiker und Mitglieder der BNP mit "falschen und fingierten Klagen", wie es im jüngsten Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch über den Wahlkampf in Bangladesch heißt.

"Kultur der Angst"

Im Zentrum der Kritik steht vor allem die Organisation der Wahlen. "Die Wahlkommission ist entweder nicht darauf vorbereitet oder hat nicht den Mut, alles Notwendige für eine saubere Wahl zu tun - obwohl sie über die erforderlichen rechtlichen Kompetenzen verfügt", kritisiert der pensionierte Brigadegeneral, Menschenrechtler und frühere Kommissar der Wahlkommission, Sakhawat Hussein, in einer E-Mail aus Dhaka an die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA). Zafar Sobhan, Chefredakteur der "Dhaka Tribune", sagte der KNA: "Die Wahlkommission steht unter enormen Druck. In gewisser Weise sind ihr die Hände gebunden."

Die Behörden unterdrücken zudem regierungskritische Berichterstattungen in den Medien. Zafar Sobhan bestätigt die Einschätzung von Human Rights Watch, dass sich Medien zur Selbstzensur gezwungen sähen, unbotmäßigen Journalisten die Verhaftung drohe und in den Redaktionsstuben eine "Kultur der Angst" herrsche. Zwar wurde kein Reporter der "Dhaka Tribune" bislang "Opfer von Gewalt", wie Sobhan berichtet. "Aber wir müssen sehr aufpassen, was wir schreiben."

Wegen der massiven Gewalt im Wahlkampf haben Polizei und Armee die Sicherheitsmaßnahmen für die Lager der mehr als eine Million Rohingya-Flüchtlinge in Cox's Bazar verschärft. Allerdings spielt das Flüchtlingsthema im Wahlkampf keine Rolle. "Im Großen und Ganzen stimmen die beiden Parteien in dieser Frage überein", urteilt Zafar Sobhan.

Sieg mangels Opposition

Hasina ist die älteste Tochter des Staatsgründers Mujibur Rahman. Ihre erste Amtszeit als Premierministerin von Bangladesch währte von 1996 bis 2001. Khaleda Zia, Witwe des durch ein Attentat ums Leben gekommenen sechsten Staatspräsidenten und BNP-Gründers Ziaur Rahman war von 1991 bis 1996 und von 2001 bis 2006 Premierministerin.

Bei der Parlamentswahl 2008 errangen Hasina und die AL mit mehr als drei Vierteln der 300 Parlamentsitze einen deutlichen Sieg über Zia und die BNP. Die umstrittene Parlamentswahl 2014 bescherte Hasina mangels Opposition eine weitere Amtszeit. Die BNP hatte den Urnengang wegen massiver Manipulationen boykottiert.

Der Abstimmung am Sonntag (30. Dezember) sehen die Wähler mit gemischten Gefühlen entgegen. Die große Frage lautet, ob Sheikh Hasina bei einem Sieg der Opposition einen friedlichen und demokratischen Machtwechsel zulassen wird. Chefredakteur Sobhan glaubt das. Sakhawat Hossain ist skeptischer. "Die Regierung will um jeden Preis gewinnen. Ein Machtwechsel würde nicht einfach werden." (Michael Lenz/KNA)


Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina  / © Anupam Nath (dpa)
Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina / © Anupam Nath ( dpa )

Khaleda Zia (M), Oppositionsführerin der Partei BNP / © A.M. Ahad (dpa)
Khaleda Zia (M), Oppositionsführerin der Partei BNP / © A.M. Ahad ( dpa )
Quelle:
KNA