Italien bangt ums Weihnachtsfest

Familienfeiern trotz Corona?

Feiern oder nicht feiern - und wenn ja, wie? Das fragen sich derzeit Millionen Italiener mit Blick auf die bevorstehende Weihnachtszeit. Die Regierung plant keine Lockerung der geltenden Corona-Einschränkungen.

Autor/in:
Alexander Pitz
Weihnachtsbaum in der Wohnung / © Yuganov Konstantin (shutterstock)
Weihnachtsbaum in der Wohnung / © Yuganov Konstantin ( shutterstock )

Kaum ein Land wurde von der Corona-Krise so hart getroffen wie Italien. Der Lockdown von März bis Mitte Mai war einer der schärfsten weltweit. Seit Anfang November gelten nun erneut strenge Schutzauflagen. Diesmal teilen sie das "Bel Paese" in unterschiedliche "Gefahrenzonen" auf. Nicht die besten Voraussetzungen für ein besinnliches Weihnachtsfest.

Weihnachten in der Corona-Krise

In der immer noch katholisch geprägten Mittelmeernation pflegt man die hohen Festtage bei gutem Essen im Kreise der weitläufigen Familie zu verbringen. Kirchenbesuche gehören auch dazu. All das könnte in diesem Jahr schwierig werden. Von adventlicher Vorfreude ist in den Reihen der Regierung wenig zu spüren. Die in den Medien allgegenwärtige Infektionskurve schlängelt sich bedrohlich in Richtung Dezember.

Als Journalisten Gesundheitsminister Roberto Speranza zu Wochenbeginn auf Weihnachten ansprachen, reagierte er wenig entgegenkommend: "Weihnachten?", fragte der 41-Jährige verdutzt und signalisierte, dass er derzeit mit anderen Dingen befasst sei. Es gehe darum, wie sich die Ansteckungsrate, die Lage in den Krankenhäusern in den nächsten Tagen entwickle, - und nicht um das Festessen am 24. Dezember. "Das ist für mich wirklich eine Monddebatte", kritisierte der Politiker. Er bitte "alle Italiener, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu bleiben".

Ähnlich äußerte sich Franco Locatelli, Chefberater der Regierung in Gesundheitsfragen. Er könne sich keine Ausnahmeregelungen für die Weihnachtszeit vorstellen, sagte der Mediziner. An normale Festlichkeiten wie zu Vor-Corona-Zeiten sei jedenfalls nicht zu denken.

Umgang mit der Pandemie

Tatsächlich ist die Situation auf dem Stiefel alles andere als normal. Im Gegensatz zum generellen Lockdown vom Frühling ist das Land in gelbe, orangefarbene und rote Zonen unterteilt. Die entsprechenden Warnstufen lauten "mittlere", "erhöhte" und "höchste Gefahr". Auf die ursprünglich geplante Ausweisung grüner Zonen nach der Logik des Ampel-Systems wurde aus volkspädagogischen Gründen verzichtet. Man wolle die Bevölkerung nicht in falscher Sicherheit wiegen, heißt es.

Zwar kann man sich in den gelb gekennzeichneten Gegenden wie Latium mit der Hauptstadt Rom noch weitgehend frei bewegen. Inzwischen sind aber fast alle Regionen orange oder rot - mit allerhand Kontakt-, Reise-, Öffnungs- und Ausgehverboten. Das passt freilich nicht jedem. Einige Regionalpräsidenten aus den roten Zonen bezeichnen die Maßnahmen als "willkürlich" und fordern ein Umdenken.

Der angesehene Virologe Giorgio Palu von der Universität Padua spricht gar von "Hysterie". Er argumentierte jüngst, dass 95 Prozent der mit dem Coronavirus infizierten Personen symptomfrei seien: "Es kann zwar töten, ist aber nicht die Pest." Andere Experten indes verfassen Appelle, in denen von einer bevorstehenden "Tragödie" infernalischen Ausmaßes die Rede ist. Sie verlangen noch härtere Restriktionen. Die verschiedenen politischen Gruppen berufen sich jeweils auf die wissenschaftliche Meinung, die sich am besten ins eigene Konzept einbetten lässt.

Kirche hält sich bedeckt

Inmitten dieser verworrenen Gemengelage wirkt die katholische Kirche einigermaßen ratlos. Was soll nun werden an Weihnachten - feiern oder nicht feiern? Und wenn ja, wie? Die meisten italienischen Bischöfe und Kardinäle vermeiden bislang klare Aussagen. Ihnen sind Empörung und Protest vom Frühling noch in guter Erinnerung. Als die Bischofskonferenz damals nahezu widerstandslos das von der Regierung verhängte landesweite Verbot öffentlicher Gottesdienste mittrug, kam das bei vielen Gläubigen gar nicht gut an. Gerade in Krisenzeiten müsse die Kirche für die Menschen da sein, lautete der Einwand.

Eingedenk dieser Debatte will die kirchliche Hierarchie jetzt erst einmal abwarten. Kardinal Matteo Maria Zuppi, Erzbischof von Bologna, sagte dieser Tage in einem Interview: "Man muss sehen, wie sich die Situation entwickelt, im Moment ist es schwer zu sagen." Er hoffe, dass ein erneutes Gottesdienstverbot nicht nötig sein werde. "Das wäre sehr traurig", betonte der Kardinal.

Unterdessen sickerte durch, dass Papst Franziskus die Weihnachtsgottesdienste nur im kleinen Kreis im Petersdom feiern wird. Das geht aus einer Verbalnote hervor, die vom Staatssekretariat des Vatikan an die Botschafter beim Heiligen Stuhl versendet wurde. Auf Nachfragen reagierte das vatikanische Presseamt nicht.


Matteo Maria Zuppi / © Romano Siciliani (KNA)
Matteo Maria Zuppi / © Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA