Siegel gegen Pestizide in Tannen

Gift im Christbaum

Die meisten Weihnachtsbäume wachsen auf Plantagen, wo sie gespritzt und gedüngt werden. Naturschutzorganisationen empfehlen deshalb, lieber einen Öko-Baum zu kaufen. Doch nicht immer sind Siegel eine Garantie für pestizidfreie Tannen.

Autor/in:
Uli Deck
Weihnachtsbaumplantage / © Uli Deck (dpa)
Weihnachtsbaumplantage / © Uli Deck ( dpa )

In der Woche vor Weihnachten wird es am Forsthaus Hardt in Bonn regelmäßig laut: Jagdhornbläser lassen ihre Halalis erklingen, an Ständen kaufen Kunden Glühwein und Wildbret. Und in der Mitte des Hofs ziehen Waldarbeiter in orangefarbenen Westen eine Tanne nach der anderen durch eine Christbaumverpackungsmaschine. Die Nachfrage nach den Nordmann- oder Edeltannen ist gut. "Die Bäume sind aus unseren heimischen Wäldern und werden nicht gedüngt oder gespritzt", sagt Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft.

Damit sind die rund 600 Bäume, die das Regionalforstamt verkauft, jedoch nach wie vor eine Ausnahme. "Ein Bio-Hype wie bei Lebensmitteln ist bei Weihnachtsbäumen bislang ausgeblieben", bedauert Maike Wanders von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Der weitaus größte Teil der jährlich knapp 25 Millionen in Deutschland verkauften Weihnachtsbäume stamme aus konventionellem Plantagenanbau.

Behandelt werden die Bäume mit Insektiziden

In der Regel werden sie dort mit Insektiziden gegen Rüsselkäfer und Sitkalaus behandelt. Hinzu kommen Herbizide wie Glyphosat gegen Unkraut sowie Mineraldünger für gleichmäßigen Wuchs und intensive
Grün- oder Blaufärbung. "Eine enorme Belastung für Böden und Gewässer", sagt Rudolf Fenner von der Naturschutzorganisation Robin Wood. Er rät zum Kauf von Öko-Bäumen. Tatsächlich wird eine zunehmende Zahl von Bäumen mit Nachhaltigkeitssiegeln angeboten. Doch nicht jede gesiegelte Tanne ist auch tatsächlich pestizidfrei.

So lasse das von Waldbesitzerorganisationen und Forstindustrie entwickelte PEFC-Forstlabel ausdrücklich den Einsatz von Pestiziden zu, sagt Fenner. Und das von vier großen Sauerländischen Weihnachtsbaum-Produzenten erdachte und als ökologisch ausgelobte Label "Fair Forest" sei "Kundentäuschung pur". Auch dieses Siegel erlaube weiter den Gebrauch chemischer Unkrautvernichtungsmittel.

Siegel ist nicht gleich Siegel

Auch das "Fair Trees"-Label für Nordmann-Tannen sei kein Öko-Siegel, sagt Fenner. Es handelt sich dabei um das Zeichen einer dänischen Initiative, die sich für die Verbesserungen der sozialen Arbeits- und Lebensbedingungen der Zapfenpflücker in Georgien einsetzt. Denn die Nordmann-Tanne ist in unseren Wäldern nicht heimisch, so dass das Saatgut fast vollständig aus Georgien kommt.

Grundsätzlich sei das "Fair Trees"-Label zwar eine gute Sache, sagt Fenner. Aber mit Öko-Anbau habe es nichts zu tun. "Es gibt erst einen einzigen Produzenten in Deutschland, der sowohl das 'Fair Trees'- als auch ein Öko-Siegel für seine Kulturen vorweisen kann."

Auf Siegel achten

Fenner rät daher, beim Christbaum-Kauf auf Siegel der anerkannt ökologisch wirtschaftenden Landwirtschaftsbetriebe wie Naturland, Bioland, Demeter oder Biokreis sowie auf das EU-Bio-Siegel zu achten.
Mittlerweile gibt es bundesweit 175 Verkaufsstellen für Öko-Weihnachtsbäume. Robin Wood stellt jedes Jahr eine Liste mit den aktuellen Adressen ins Internet.

Eine Alternative dazu sei der Kauf bei Forstbetrieben vor Ort, die auf den Einsatz von Dünger und Pestiziden verzichten, rät die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. Der Einkauf beim Förster vor Ort habe auch den Vorteil, dass der Baum nicht von weit her herangeschafft werden muss. Denn über die Transportwege geben die Öko-Siegel keine Auskunft. Auch die Förster pflanzen die Weihnachtsbäume allerdings gezielt auf eingezäunten Flächen an.

Kaum noch natürliche Bäume

"Direkt aus dem Wald geschlagene Exemplare aus Durchforstung gibt es kaum noch", sagt Edgar Rüther, Leiter des Regionalforstamtes Soest-Sauerland. Das hänge damit zusammen, dass die Kunden Nordmann- oder Edeltannen bevorzugten, weil diese nicht nadeln. Diese Bäume aber stammen aus dem Kaukasus und sind in unseren Wäldern nicht heimisch.

Rüther wirbt dafür, es bei Gelegenheit vielleicht doch einmal mit einer Fichte zu versuchen, die der Förster bei Durchforstungsaktionen direkt aus dem Wald geholt hat. Dieser Baum sei nämlich bis in die 50er Jahre der traditionelle Christbaum gewesen. Zwar nadelt er nach zwei Wochen. Aber eine Nordmann-Tanne dufte nicht, sagt Rüther. "Das ist bei einer Fichte ganz anders, wenn sich schon nach kurzer Zeit die Tannine entfalten und der ganze Raum nach Nadelbaum duftet", schwärmt er. Außerdem gebe es noch einen besonderen Grund, sich für eine Fichte zu entscheiden: Sie ist der Baum des Jahres 2017.


Quelle:
epd