Papst Benedikt XVI. ruft zum Gewaltverzicht auf

Friedliche Weihnachten, aber nicht in Nigeria

Die Terrorserie auf Weihnachtsgottesdienste in Nigeria löst weltweit Entsetzen aus. Papst Benedikt XVI. zeigt sich tief traurig über die "absurden Anschläge". Er versichert den Christen des Landes und allen Betroffenen seine Anteilnahme. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilt die Attentate bei denen am Ersten Weihnachtstag mehr als 40 Menschen starben und fordert ein Ende der religiös motivierten Gewalt.

Beten unter Lebensgefahr - Gottesdienst in Nigeria (KNA)
Beten unter Lebensgefahr - Gottesdienst in Nigeria / ( KNA )

Papst: Nur Respekt, Versöhnung und Liebe können zum Frieden führen

"Mögen die Hände der Gewalttäter innehalten, die Tod säen, und mögen auf der Welt Gerechtigkeit und Frieden herrschen", sagte der Papst bei seinem Mittagsgebet am Montag vor mehreren tausend Besuchern auf dem Petersplatz. Gewalt führe unweigerlich zu Schmerz, Zerstörung und Tod. Nur Respekt, Versöhnung und Liebe könnten zum Frieden führen, so das Kirchenoberhaupt. Zugleich appellierte Benedikt XVI. an alle gesellschaftlichen Kräfte des westafrikanischen Landes, sich für Sicherheit und Ruhe einzusetzen.



Auch heute könnte die Treue zum Christentum Opfer bis hin zum Tod verlangen, sagte der Papst zum Fest des ersten christlichen Blutzeugen, Stephanus. Auch heute seien "viele Christen in verschiedenen Teilen der Welt Verfolgungen bis hin zum Martyrium ausgesetzt". Nach der Generation der Apostel hätten die Märtyrer den obersten Platz in der christlichen Gemeinschaft erhalten, hob Benedikt XVI. hervor. Ihr Glaubensmut sei Vorbild für viele Menschen auf der Suche nach Wahrheit und Bekehrung zu Gott.



Zum Anschlag auf mehrere christliche Kirchen am Sonntag in Nigeria sagte Benedikt XVI. wörtlich: "Unsere Erde wird weiterhin von unschuldigem Blut befleckt." Mit tiefer Traurigkeit habe er die Nachricht vernommen, dass auch in diesem Jahr Attentate am Tag der Geburt Jesu Trauer und Schmerz in einige Kirche Nigerias gebracht hätten. Zugleich appelliere er, "dass man im gemeinsamen Einsatz der verschiedenen sozialen Kräfte wieder zu Sicherheit und Ruhe gelangt".



Zollitsch: Alle drei Minuten wird ein Christ wegen seines Glaubens getötet

Erzbischof Robert Zollitsch rief zum Gebet für die Opfer des Attentats auf. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz verurteilte die islamistisch motivierten Anschläge. Bei einem Gottesdienst in der Karlsruher Sankt-Stephan-Kirche rief Zollitsch am Montag zum Gebet für die Opfer und zu einer friedlichen Lösung der Konflikte in dem westafrikanischen Land auf. Zugleich beklagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz eine wachsende Zahl an Christenverfolgungen weltweit.



Wörtlich sagte Zollitsch: "Zu keiner anderen Zeit sind Christen wegen ihres Glaubens so zahlreich verfolgt worden wie heute. Alle drei Minuten wird weltweit ein Christ wegen seines Glaubens getötet." Als Beispiele nannten er die Ausschreitungen gegen Kopten in Ägypten oder die Unterdrückung von Christen in Nordkorea. Über solche schockierenden Nachrichten, "können wir als Christen in Europa nicht hinweggehen". An die Politik appellierte Zollitsch, Menschen vor religiösen Benachteiligungen zu schützen. Er kritisierte, dass wirtschaftliche Erwägungen häufig Vorrang vor der Verteidigung der Religionsfreiheit hätten. So werde übersehen, dass Länder, die bei der Rettung des Euro helfen sollen, Menschen aufgrund ihrer Religion diskriminierten, führte der Freiburger Erzbischof aus.



Der Grünen-Politiker Volker Beck pflichtete Zollitsch bei: "Wegen wirtschaftlicher und politischer Interessen gibt es für eine Reihe von Staaten offensichtlich einen Rabatt bei Verletzungen der Religionsfreiheit", kritisierte er. So wolle die Bundesregierung die Lieferung von 200 Panzern nach Saudi-Arabien genehmigen, obwohl dort auf brutalste Weise Menschenrechte verletzt würden. Erst in den vergangenen Tagen seien 42 Christen in Saudi-Arabien verhaftet worden.



Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderte, dass die UN-Vollversammlung sich mit dem Thema Christenverfolgung befassen soll. Die internationale Gemeinschaft dürfe nicht länger wegschauen, betonte der CDU-Politiker. Die Täter dürften nicht nur verbal verurteilt, sondern müssten konkret zur Verantwortung gezogen werden.



Anschläge auf christliche Kirchen in Nigeria

Am ersten Weihnachtstag sind nacheinander Bomben vor christlichen Kirchen in dem westafrikanischen Land explodiert. Etwa 35 Menschen starben und mehr als 50 wurden verletzt, als vor der katholischen St.-Theresa-Kirche in Madalla nahe der Hauptstadt Abuja eine Bombe detonierte. Hunderte Gläubige hatten sich dort zum Gottesdienst versammeltet. Die Kirche, die bis zu 1.000 Menschen fasst, soll Augenzeugen zufolge schwer beschädigt worden sein.

Verletzte konnten lange Zeit nicht versorgt werden, weil den Behörden Fahrzeuge zum Krankentransport fehlten.



In Jos detonierte ein Sprengsatz vor der Kirche einer evangelikalen Sekte. Bei einem folgenden Feuergefecht wurde ein Polizist getötet, vier mutmaßliche Islamisten wurden festgenommen. Zudem stellten Soldaten mehrere Sprengsätze sicher, die in nahe gelegenen Gebäuden versteckt waren. Weitere Explosionen ereigneten sich in Gadaka und Damaturu, wo Sicherheitskräfte und Boko-Haram-Milizen sich seit Tagen schwere Gefechte liefern. Bei einem der Anschläge in Damaturu soll es sich um ein Selbstmordattentat auf einen Konvoi des Geheimdienstes gehandelt haben.



Befürchtungen, dass die Anschläge neue Unruhen zwischen Christen und Muslimen auslösen könnten, erhielten am Montag erste Nahrung.

Nigerianische Medien berichteten, dass Jugendliche die Straßen von Abuja in Richtung des mehrheitlich muslimischen Nordens mit Barrikaden gesperrt hätten. In Jos und weiteren Städten Zentralnigerias hat es in der Vergangenheit immer wieder blutige Unruhen zwischen christlichen und muslimischen Extremisten gegeben.



Sekte "Boko Haram" verantwortlich für den Terror

Wenige Stunden nach der Explosion in Madalla hat sich die islamistische Sekte "Boko Haram" zu den Anschlägen bekannt. Sie hatte sich bereits in den vergangenen Tagen zu verschiedenen Anschlägen in Nordnigeria bekannt, bei denen 46 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Terroristen wollen einen Staat auf Grundlage der Scharia und ohne eine westlich-geprägte Demokratie errichten.



Boko Haram gilt nach Behördenangaben als größtes Sicherheitsrisiko in dem afrikanischen Riesenstaat. Die Terroristen wollen einen Staat auf Grundlage der Scharia und ohne eine westlich geprägte Demokratie errichten. Der Name der Organisation heißt übersetzt: "Westliche Bildung ist Sünde".



Bundespräsident: Diese feige Gewalt ist von keiner Religion gedeckt

Im Namen der Vereinten Nationen sprach UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Angehörigen der Opfer und dem nigerianischen Volk sein Beileid aus. Er forderte ein Ende der religiös motivierten Gewalt in dem Land und bekräftigte, dass es kein Ziel geben könne, das solche Gewalt rechtfertige.



In Deutschland verurteilten Bundespräsident Christian Wulff und Außenminister Guido Westerwelle die Anschläge auf Christen in Nigeria.

"Besonders verabscheuungswürdig ist es, dass sich die Anschläge gegen Menschen richteten, die sich friedlich an Weihnachten in ihren Gotteshäusern versammelt hatten", schrieb Wulff am Sonntag in einem Beileidstelegramm an den nigerianischen Präsidenten Goodluck Jonathan: "Diese feige Gewalt ist von keiner Religion gedeckt."



"Mein Mitgefühl und meine Anteilnahme sind mit den Angehörigen der Opfer, meine Wünsche für baldige Genesung gelten den vielen Verletzten", erklärte Westerwelle am Sonntag in Berlin. Es bleibe eine wichtige Aufgabe, "uns gemeinsam mit unseren Freunden, Partnern und Gleichgesinnten aus der ganzen Welt dem Übel des Terrorismus, von Gewalt und Unterdrückung mit ganzer Kraft entgegen zu stellen, in Afghanistan und Nigeria ebenso wie in Syrien, in Weißrussland und anderswo".