Vatikan-Sonderschau zu Leonardo Da Vinci

Das Genie für lau

Der Vatikan macht im Leonardo-Jahr Kunstfreunden ein Geschenk: Leonardo da Vincis "Heiliger Hieronymus" ist seit Freitag für drei Monate in einer Sonderschau am Petersplatz zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
Leonardo da Vincis "Salvator Mundi" / © Kirsty Wigglesworth (dpa)
Leonardo da Vincis "Salvator Mundi" / © Kirsty Wigglesworth ( dpa )

Wer Leonardo da Vincis Werk "Der Heilige Hieronymus" sieht, kann sich wohl kaum vorstellen, dass der Kopf des Heiligen einmal einem römischen Schuster als Schemel gedient haben soll. Das wahrscheinlich zwischen 1482 und 1490 entstandene Öl-Gemälde ist unvollendet und dennoch ausdrucksstark; beeindruckt durch anatomische Genauigkeit, wie sie typisch für den Meister ist.

Das ist wohl auch der Grund, weshalb es eines der wenigen Kunstwerke des italienischen Renaissance-Genies ist, dessen Zuschreibung nicht umstritten ist. Erstmals erwähnt wird das Bild Anfang des 19. Jahrhunderts im Testament der Schweizer Malerin Angelika Kauffmann. Sie ist bereits sicher, dass es ein echter Leonardo ist. Und den zeigen die Vatikanischen Museen nun stolz in einer Sonderschau. Anlass ist das 500. Todesjahr Leonardo Da Vincis (1452-1519).

Hintergründe zu Leonardo da Vinci

Museumsdirektorin Barbara Jatta betonte bei der Vorstellung am Donnerstag, die Ölskizze sei das einzige Werk Leonardos in Rom. Zu sehen ist es von Freitag an in der Ausstellung "Leonardo. Il San Girolamo dei Musei Vaticani" am Petersplatz. Leonardo zeigt den Kirchenlehrer und Bibelübersetzer Hieronymus (347-419) als Eremiten in der Wüste.

Das Juwel offenbart sich dem Besucher jedoch nicht gleich: Im Ausstellungsraum des Braccio di Carlo Magno, dem linken Flügel des Petersplatzes, informieren zunächst Wandtafeln über das Wirken des Künstlers in Rom und dem Vatikan sowie die Geschichte des Bildes. Zusätzliche Hintergründe, etwa zur Restaurierung in den Vatikanischen Museen, gibt es per Video - leider nur auf Italienisch, aber immerhin sind die Wandtafeln auch auf Englisch übersetzt.

"Klein aber bedeutsam"

Die Ausstellung, die sich laut Jatta besonders an Pilger richtet, informiert auch über den heiligen Hieronymus. Dessen theologische Würdigung stammt aus einer Ansprache des emeritierten Papstes Benedikt XVI. (2005-2013) und steht auf einer Tafel im Zentrum des länglichen Ausstellungsraums. Diese versperrt zunächst den Blick auf Leonardos "Hieronymus" und übernimmt quasi die Funktion eines Vorhangs im Theater: Die Schau gibt den Blick auf das zentrale Werk erst nach angemessener Vorbereitung frei. Es gehe "nicht nur um Kunstgeschichte, sondern auch um eine Botschaft des Glaubens", betont Museumsdirektorin Jatta.

Die Schau bezeichnet sie als "klein aber bedeutsam". In der Tat bekommen Besucher neben der Leonardo-Skizze nur ein weiteres Original zu sehen: ein historisches Dokument des Vatikan aus dem Jahr 1513, welches einen Aufenthalt Leonardos im Bereich des Belvedere bestätigt, dem historischen Kern der heutigen Vatikanischen Museen.

Große Reise nach Sonderschau

Die Konzentration ist dem Ausstellungsraum angemessen und bietet den Vorteil, dass die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht durch andere Werke abgelenkt wird. Wahrscheinlich wird der Andrang auch kleiner als in den stets überfüllten Vatikanischen Museen, wo der Leonardo sonst hängt. Zur Eröffnung wollte Jatta noch keine Prognosen über den erwarteten Zulauf abgeben. Es lohnt sicher, das Gemälde in Ruhe zu betrachten und sich vertieft zu informieren. Zu entdecken gibt es etwa die Legende über den Fund des zweigeteilten Werks durch einen Onkel Napoleons, Kardinal Joseph Fesch. Dieser soll den unteren Teil in einem römischen Antiquitätenladen aufgetrieben haben, den oberen bei einem Schuster. Sicher ist, dass das Tafelbild in fünf Teile zerlegt wurde. Nach dem Tod des Kardinals wechselte es mehrfach den Besitzer; unter Papst Pius IX. (1846-1878) kam es in den Vatikan.

Das einzige Werk da Vincis im Besitz der Vatikanischen Museen geht nach der Sonderschau auf große Reise: Von Juli bis Oktober soll es ans Metropolitan Museum in New York verliehen werden; im Anschluss bis Februar 2020 an den Louvre in Paris, zu dessen großer Leonardo-Ausstellung.

Der Leonardo wandert laut Jatta übrigens ganz ohne einen Tausch-Deal mit dem Louvre nach Paris. Sie sagte, es gelte im Sinn von Papst Franziskus großzügig zu sein. Möglicherweise wollten die Museen aber beim "Heiligen Hieronymus" auch einen wenig heiligen Streit vermeiden, wie es ihn etwa zwischen den Uffizien in Florenz und dem Louvre im Zusammenhang mit Leonardo-Leihgaben und Gegenleihen gab.


Quelle:
KNA