Vatikanische Interpretationshilfe zum Abkommen mit China

"Was an Gutem wachsen kann"

Das vorläufige Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl und China vom September 2018 ist nun bald ein halbes Jahr alt. Doch angesichts mancher Kritik an der Übereinkunft gibt es offenbar auf beiden Seiten noch Erklärungsbedarf.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
Eine Frau betet in einer Kirche in Peking / © Gilles Sabrie (KNA)
Eine Frau betet in einer Kirche in Peking / © Gilles Sabrie ( KNA )

Jedenfalls hat sich Kardinal Fernando Filoni, Präfekt der Römischen Kongregation für die Evangelisierung der Völker und langjähriger Beobachter der Lage in China, zu Monatsbeginn in einem Interview mit dem "Osservatore Romano" zur katholischen Kirche in China nach dem "vorläufigen Abkommen über die Ernennung der Bischöfe" geäußert.

Das ausführliche Gespräch im offiziellen Organ des Vatikan sendet eindeutige Botschaften, sowohl nach China als auch in die katholische Kirche hinein. So geht Filoni einerseits erneut auf Kritiker des Abkommens in der Kirche ein. Andererseits kritisiert er unverblümt erzwungene Beitritte von Bischöfen und Priestern zu der von der Regierung kontrollierten Patriotischen Katholischen Vereinigung (CCPA) in China.

Wo es hakt

Zu Letzterem sagt er der Vatikanzeitung, er hoffe, er müsse nie mehr von Situationen aus China hören oder lesen, "in denen das Abkommen instrumentalisiert wird, mit dem Ziel, Menschen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die laut chinesischem Recht nicht vorgeschrieben sind, wie etwa eine Einschreibung in die CCPA. Schon vor dem vorläufigen Abkommen hatte es immer wieder Berichte über Ein- und Austritte von katholischen Klerikern bei CCPA gegeben, wobei die genauen Gründe schleierhaft waren. Dies könnte möglicherweise ein Punkt der geheimen Vereinbarung sein, an dem es noch hakt.

Die Kirche lehne Patriotismus "im Sinne von Egoismus, Kontrolle oder Ausschluss" ab. Sie bejahe hingegen eine "Liebe zum Vaterland", die sich in Respekt, Kenntnis der Kultur und "Vertrauen gegenüber den Institutionen sowie gegenüber dem eigenen Volk" äußere, erklärt Filoni zu diesem Punkt.

"Was an Gutem wachsen kann"

Er betont, der Vatikan arbeite "konkret und respektvoll" mit den chinesischen Autoritäten zusammen. Indirekt fordert Filoni dies mit seiner deutlichen Äußerung gegen Parteizwang auch von den asiatischen Partnern ein. Diese mahnt er diplomatisch zur Zusammenarbeit: "Was von hier an in Zukunft passiert, das was an Gutem wachsen kann, hoffen wir mit der Hilfe Gottes und dem Beitrag aller zu sehen."

Filoni wendet sich im "Osservatore"-Interview auch an Kritiker der Übereinkunft in den Reihen der Kirche, die das Abkommen von Beginn an als Ausverkauf der Katholiken in China deuteten. Dazu der Kardinal: "Nur Kleingeister und Böswillige könnten sich vorstellen, dass Papst Franziskus und der Heilige Stuhl die Herde Christi im Stich lassen würden, wo auch immer auf der Welt und in welcher Lage diese sich befindet."

Ausgewogen bewerten

Die Art und Weise des Vorgehens könne möglicherweise fehlerhaft sein, "aber wir lieben die Kirche und das Volk in China wirklich", so Filoni.

Mit Blick auf die "Untergrundkirche" äußert er Verständnis, wenn in dieser Phase des Abkommens die Meinung herrsche, es sei einseitig und es müssten "sozusagen nur die Mitglieder der Untergrundgemeinde 'offiziell gemacht' werden, während von den bereits 'Offiziellen' nichts verlangt wird". Es sei jedoch falsch, das Abkommen nur anhand dieser Begrifflichkeiten zu bewerten. Filoni betont, dass aus Sicht des Heiligen Stuhls eine Teilung der Kirche Chinas in "Untergrundkirche" und "staatliche Kirche" nie bestanden habe.

Insgesamt wirkt der Kardinal im Interview vermittelnd: Er teilt einige Vorbehalte auf beiden Seiten bezüglich "noch verbleibender oder sich möglicherweise noch entwickelnder Schwierigkeiten". Er habe aber insgesamt das Gefühl, so Filoni, "dass es in der katholischen Kirche in China eine große Erwartung der Versöhnung, Einheit und Erneuerung" gebe.

 

Quelle:
KNA
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