Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.
Während Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe noch in den alten Kategorien vom gerechten Krieg und der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit. Kein Gedanke daran, dass die Kirche den Krieg verurteilen könnte. Katholische Kriegsdienstverweigerer, denen die Hinrichtung drohte, wurden allein gelassen.
Selbst der Terror gegen das - katholische - Polen führte nur zu verklausulierten Eingaben der Bischöfe. Für sie waren diese Verbrechen ein Vorgeschmack darauf, was den deutschen Katholiken blühen könnte. Insbesondere Kardinal Adolf Bertram, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wollte deshalb keine Konfrontation riskieren.
Öffentliche Zustimmung fand der Angriff auf die Sowjetunion: Galen sprach vom Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger bezeichnete Russland als einen "Tummelplatz von Menschen, die durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind". (kna)
19.07.2018
Rom gilt als die Ewige Stadt. Dennoch wäre sie vor 75 Jahren fast im Bombenhagel des ersten Luftschlags verwüstet worden. Auch durch päpstliche Intervention entging die Stadt der Verwüstung.
Drei Stunden lang luden 500 amerikanische und britische Flugzeuge um die Mittagszeit mehr als 1.000 Tonnen Bombenlast über dem San-Lorenzo-Viertel im Osten Roms ab. Die Bilanz des Angriffs: 1.500 Tote, 1.600 Verletzte und zahlreiche zerstörte oder schwer beschädigte Gebäude, darunter die Papst-Basilika San Lorenzo. Es war nicht der einzige, wohl aber der erste und mit Abstand schwerste Luftschlag auf die Ewige Stadt. Er jährt sich an diesem Donnerstag zum 75. Mal.
Papstprotest auf eigene Weise
Papst Pius XII., der Rom mit allen Mitteln aus den Kampfhandlungen des Zweiten Weltkriegs herauszuhalten versuchte, protestierte auf seine Weise. Nur von zwei Gendarmen und seinem Mitarbeiter Giovanni Montini, dem späteren Papst Paul VI., begleitet, fuhr er sofort zum Unglücksviertel. Vom Apostolischen Palast aus hatte er die Angriffe und die Rauchsäulen über dem Osten der Stadt gesehen, wie seine Haushälterin Schwester Pasqualina in ihren Aufzeichnungen notierte.
Während sich weder König Viktor Emanuel III. noch ein Vertreter der faschistischen Führungsriege blicken ließen, traf der Papst auf den Vorplatz der San-Lorenzo-Basilika mit den traumatisierten Menschen zusammen. Inmitten der Trümmer kniete er nieder und betete das Klagegebet "De profundis". Seine Soutane war blutverschmiert - ein verwundeter Junge hatte ihn berührt. Die Menschen riefen "Wir wollen Frieden". Pius XII. tröstete die Verletzten und Hinterbliebenen.
Flehend und warnend erhob er die ausgebreiteten Arme zum Himmel. Die Geste zählt zu den ausdrucksstärksten Bildern seines Pontifikats. Sie ist vor Ort, nahe dem Eingang zum Verano-Friedhof, in einer lebensgroßes Bronzeskulptur festgehalten.
Die vatikanische Diplomatie protestierte gegen die von langer Hand geplante Operation "Crosspoint". Der Papst telegrafierte an US-Präsident Roosevelt, den heiligen Charakter der Hauptstadt der Christenheit zu achten und sie von weiteren Bombardements zu verschonen. Gleichzeitig forderte der Vatikan die Italiener auf, hohe militärische Kommandos aus der Stadt zu schaffen, die den Alliierten Grund zu Angriffen geben könnten. Er rief dazu auf, Rom zu einer "offenen Stadt" zu machen.
Von den Nazis besetzt
Zehn Tage nach dem großen Luftangriff wurde Diktator Mussolini gestürzt und verhaftet. Italien blieb zunächst auf deutscher Seite im Krieg, bereitete jedoch seine Kapitulation vor. Unmittelbar nach deren Bekanntwerden am 9. September 1943 rückten deutsche Truppen in Rom ein. Für neun Monate war die Ewige Stadt von den Nazis besetzt.
Am 4. Juni 1944 übernahmen dann US-Einheiten von Osten her die Stadt, während gleichzeitig die deutschen Verbände nach Norden abzogen. Zu größeren Kämpfen kam es aufgrund vorheriger Absprachen dabei nicht.
Der Bombenabwurf vom 19. Juli 1943 war nicht der letzte Luftangriff auf Rom; die späteren waren jedoch nicht so verheerend. Das römische Stadtzentrum blieb danach von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Aber am 4. November 1943 wurde der Vatikan getroffen: In den späten Abendstunden fielen vier Bomben.
Fehlabwurf ausgeschlossen
Ein Fehlabwurf ist ausgeschlossen, weil das einzelne Flugzeug vorher länger über Rom kreiste und bei klarem Mondlicht gute Sicht bestand. Die Bomben richteten beträchtlichen Sachschaden am Governatorat und am Bahnhof an; in der ganzen Umgebung flogen die Fensterscheiben heraus. Jedoch wurde niemand verletzt oder getötet. Wenn auch durch glückliche Umstände: Der spätere Kardinal Domenico Tardini hatte kurz zuvor sein Studio im Governatorat verlassen, das schwer beschädigt wurde.
Die vatikanische Diplomatie protestierte und forderte bei Alliierten und Deutschen Aufklärung. Aber jede Seite bestritt den Abwurf und machte die Gegenseite für den Angriff verantwortlich. Der Vatikan hat die Schäden nach dem Angriff weitgehend beseitigt. Nur die getroffene Fassade des Bahnhofs, in dem heute ein Supermarkt für Elektronik, Getränke und Bekleidung untergebracht ist, wurde nie repariert. Auch nach 75 Jahren sieht man noch die von Bombensplittern beschädigte Front.
Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.
Während Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe noch in den alten Kategorien vom gerechten Krieg und der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit. Kein Gedanke daran, dass die Kirche den Krieg verurteilen könnte. Katholische Kriegsdienstverweigerer, denen die Hinrichtung drohte, wurden allein gelassen.
Selbst der Terror gegen das - katholische - Polen führte nur zu verklausulierten Eingaben der Bischöfe. Für sie waren diese Verbrechen ein Vorgeschmack darauf, was den deutschen Katholiken blühen könnte. Insbesondere Kardinal Adolf Bertram, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wollte deshalb keine Konfrontation riskieren.
Öffentliche Zustimmung fand der Angriff auf die Sowjetunion: Galen sprach vom Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger bezeichnete Russland als einen "Tummelplatz von Menschen, die durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind". (kna)