Vatikan gab Brief von Benedikt XVI. verkürzt wieder

Kritik wurde ausgespart

Journalisten hatten es vermutet, nun kommt es ans Licht: Das vatikanische Mediensekretariat hat eingeräumt, einen lobenden Brief Benedikts XVI. über eine mehrbändige Publikation zur Theologie von Franziskus verkürzt wiedergegeben zu haben.

Manipuliertes Foto zu Brief von Benedikt XVI. / © Osservatore Romano (KNA)
Manipuliertes Foto zu Brief von Benedikt XVI. / © Osservatore Romano ( KNA )

Nach Vermutungen mehrerer Journalisten, der Vatikan habe einen wesentlichen Absatz unterschlagen, veröffentlichte Medien-Präfekt Dario Viagno am Samstag schließlich eine vollständige Kopie des Schreibens, in dem Benedikt XVI. in der Tat Kritik an der Autorenauswahl übt. Schon zuvor hatte Vigano mit der Verbreitung eines manipulierten Fotos des betreffenden Briefs Fragen aufgeworfen.

Mit dem Schreiben lehnt Benedikt XVI. eine von ihm erbetene theologische Einleitung zu der Buchreihe ab. Bislang zitierte Vigano dazu einen Absatz, in dem der fast 91-jährige emeritierte Papst geltend macht, er habe die elf kurzen Bände nicht gelesen und könne dies "auch aus physischen Gründen" in nächster Zeit nicht tun.

Nach der jetzt vollständig bekannten Fassung äußert Benedikt XVI. aber auch "Überraschung" über die Beteiligung des früheren Tübinger Dogmatikers Peter Hünermann an der Publikation.

"Kölner Erklärung"

Während seines Pontifikats sei Hünermann durch "antipäpstliche Initiativen" aufgefallen, schreibt Benedikt XVI. Weiter erinnert der emeritierte Papst an die maßgebliche Beteiligung Hünermanns an der "Kölner Erklärung", die auf heftige Weise die Lehrautorität des Papstes besonders in Moralfragen angegriffen habe.

Ferner habe Hünermann die "Europäische Theologengesellschaft" anfänglich als papstkritische Organisation gegründet; erst das kirchliche Empfinden vieler beteiligter Theologen habe den Charakter der Vereinigung verändert.

Das Päpstliche Mediensekretariat erklärte am Samstag, von dem Brief habe man nur so viel bekanntgemacht, wie man für "angemessen" gehalten habe. Der an den Präfekten Vigano adressierte Brief sei auch "vertraulich". Ausgelassen habe man "einige Anmerkungen zu Autoren der Reihe".

Bei der Präsentation der elfteiligen Buchreihe am Donnerstag hatte Vigano einen Auszug des Schreibens schriftlich verbreitet. Darin rühmt der emeritierte Papst seinen Nachfolger Franziskus als "Mann von tiefer philosophischer und theologischer Bildung" und betont die "innere Kontinuität zwischen den beiden Pontifikaten".

Nur mündliche Wiedergabe

Lediglich mündlich trug Vigano einen zweiten Absatz vor, in dem Benedikt XVI. seine Absage einer theologischen Einleitung damit begründet, er wolle sich nicht zu Büchern äußern, die er nicht gelesen habe, und könne dies "auch aus physischen Gründen" in nächster Zeit nicht tun.

Unter anderem der Vatikan-Journalist Sandro Magister hatte in einem Blog die Vermutung geäußert, es gebe einen dritten Absatz, in dessen Licht der Brief einen anderen Sinn erhalte. Magister berief sich auf eine "unanfechtbare" Quelle. - Neben Hünermann ist als zweiter deutscher Autor auch der Münsteraner Fundamentaltheologe Jürgen Werbick beteiligt. Er gehört ebenfalls zu den Unterzeichnern der "Kölner Erklärung".


Papst em. Benedikt XVI.  / © Osservatore Romano (KNA)
Papst em. Benedikt XVI. / © Osservatore Romano ( KNA )
Quelle:
KNA