Taize-Jugendtreffen in Südafrika

Hoffnungsschimmer in der Krise

1995, ein Jahr nach Nelson Mandelas Wahl zum Präsidenten, fand in Südafrika das erste Taize-Treffen statt. Jetzt kommt die ökumenische Gemeinschaft erneut ans Kap. Doch die Stimmung ist getrübt.

Autor/in:
Markus Schönherr
Menschen halten beim Taizé-Gebet brennende Kerzen in den Händen / © Julia Steinbrecht (KNA)
Menschen halten beim Taizé-Gebet brennende Kerzen in den Händen / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Sonne, Palmen und Soldaten in Panzern - wer in diesen Tagen nicht als Tourist, sondern als Pilger nach Südafrika reist, wird schnell mit den Schattenseiten konfrontiert. So könnte es auch 2.000 jungen Gläubigen ergehen, die in dieser Woche in Kapstadt landen. Dort findet von 25. bis 29. September ein Taize-Jugendtreffen statt. In Zeiten von Bandengewalt, Fremdenhass und sozialer Ungleichheit ist die ökumenische Versammlung ein Hoffnungsschimmer.

"Wir sind dankbar für die vielen Besucher aus afrikanischen Ländern. Einige von ihnen haben monatelang für das Flugticket gespart", sagt Luc Bourgoin der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Gemeinsam mit weiteren Mitgliedern der Taize-Gemeinschaft bereitet Bruder Luc seit eineinhalb Jahren das Treffen vor, an dem neben der katholischen auch die anglikanische, methodistische und niederländisch-reformierte Kirche teilnehmen. Viele der Pilger zwischen 18 und 35 Jahren stammen aus den südafrikanischen Nachbarstaaten. Andere reisen aus Nigeria, Äthiopien, Madagaskar, Kenia oder der Elfenbeinküste an.

Geschichten von Hoffnung, Glaube und Mut

Aus Europa und den USA werden etwa 90 Pilger erwartet. Die Chancen auf einen Kulturschock? Hoch. Denn laut Bruder Luc leben etliche der Gastfamilien in den Townships vor Südafrikas Parlamentshauptstadt. Dort patrouilliert seit zwei Monaten die Armee, nachdem die ausufernde Bandengewalt Dutzende Tote forderte. Camouflage, Maschinengewehre und Panzer prägen seitdem den alltäglichen Anblick in den Armenvierteln.

Trotzdem bleibt der Erfolg überschaubar. "In Kapstadt werden die Pilger Geschichten von Menschen hören, die noch die Apartheid und den Kampf dagegen miterlebt haben - und die heute noch in Armut leben", sagt Bruder Luc. "Zugleich werden sie aber auch Geschichten von Hoffnung, Glaube und Mut hören, von Menschen, die das Leben trotz Armut schätzen."

Übergriffe auf afrikanische Migranten

Auch die Pilger aus Afrika kommen zu einer brisanten Zeit nach Südafrika. In Johannesburg und Pretoria war es in den vergangenen Wochen zu Übergriffen auf afrikanische Migranten gekommen. Wütende Bürger plünderten Läden und steckten Häuser in Brand, mindestens zwölf Menschen starben.

"Die Spannungen waren sehr groß. Das hat sogar den Visaprozess aufgehalten", erzählt Bruder Luc. In einigen Ländern kam es nach der Gewalt zu Racheangriffen; in der nigerianischen Wirtschaftsmetropole Lagos musste Südafrikas Konsulat vorübergehend schließen. Eine Woche vor dem Treffen warten einige Nigerianer, Ghanaer und Äthiopier weiterhin auf eine Einreiseerlaubnis.

"Starke Botschaft"

Einige afrikanische Pilger hätten auf Druck ihrer besorgten Familie hin sogar die Teilnahme am Taize-Treffen abgesagt. Die Angst vor Übergriffen ist laut Bruder Luc aber unbegründet. "Wir haben festgestellt, dass die Südafrikaner dankbar für diese Gelegenheit sind. Sie wollen das Taize-Treffen nutzen, um zu beweisen, dass Fremdenhass keinen Platz hat. Sie wollen ihre afrikanischen Mitbürger aufnehmen." Die Gemeinschaft von Taize ist eine international bekannte christliche Initiative mit Sitz im südlichen Burgund.

Seit den 1970er Jahren organisiert sie regelmäßige Jugendtreffen in allen Kontinenten. Die rund 100 "Brüder" der Gemeinschaft engagieren sich vor allem für das ökumenische Miteinander der christlichen Kirchen. In Südafrika signalisiere Taize nach der Gewaltwelle Einigkeit über alle kulturellen, sprachlichen, sozialen und konfessionellen Unterschiede, meint Bruder Luc: "Wenn knapp 1.000 Familien ihre Türen für Fremde öffnen, sendet das eine starke Botschaft."

"Jungen Menschen Hoffnung geben"

Auch was Fragen von Umwelt und Migration angeht, hat der Austragungsort besondere Bedeutung. Vor 400 Jahren seien die ersten afrikanischen Sklaven in die USA verschifft worden - heute laufe man Gefahr, dass Klimaflüchtlinge zur "neuen Normalität" werden, teilten die Gastgeber des Treffens mit, der katholische Erzbischof Stephen Brislin und der anglikanische Erzbischof Thabo Makgoba.

"Die Migrations- und die Umweltkrisen stellen uns vor enorme Herausforderungen und verlangen alle erdenkliche Expertise und Fachkräfte", sagt Bruder Luc mit Blick auf das Treffen. "Doch wir müssen jungen Menschen Hoffnung geben, dass sie die Wegbereiter der Lösung sind, wenn sie den ersten Schritt tun."


Quelle:
KNA