Vor zweitem Digitaltag fordern viele Deutsche mehr Teilhabe

Gefahr einer "digitalen Spaltung"

Homeoffice, Videotelefonie mit Freunden, Online-Shopping: Durch Corona werden digitale Angebote verstärkt genutzt. Viele Menschen wollen darauf nicht mehr verzichten, sehen aber auch Potenzial für Verbesserungen.

Autor/in:
Paula Konersmann
Eine Frau am Computer / © Corinne Simon (KNA)
Eine Frau am Computer / © Corinne Simon ( KNA )

Kein eigener Computer für Schulkinder, fehlendes Wlan in Seniorenheimen: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, in welchen Bereichen der digitale Wandel noch stockt. Dabei steht eine breite Mehrheit der Deutschen den neuen Technologien offen gegenüber, wie eine am Montag vorgestellte Umfrage der Initiative "Digital für alle" zeigt.

Gefahr einer "digitalen Spaltung"

90 Prozent wollen demnach nicht mehr auf digitale Angebote verzichten. Zugleich sehen zwei Drittel die Gefahr einer "digitalen Spaltung", und viele Befragte fordern Verbesserungen wie mehr Breitband-Internet (81 Prozent) oder die Förderung von Medienkompetenz (74 Prozent). Für die Umfrage durch die Bitkom Research wurden den Angaben zufolge im April 1.004 Personen telefonisch befragt.

Bitkom-Präsident Achim Berg machte einen "starken Corona-Effekt" aus. Hatten im vergangenen Jahr noch 77 Prozent der Befragten erklärt, digitale Technologien für die Pflege sozialer Kontakte zu nutzen, sagten dies jetzt 85 Prozent. Auch in anderen Bereichen sei der Zuspruch gestiegen: bei der Bildung von 45 auf 52 Prozent, in der Arbeitswelt von 40 auf 51 und im Haushaltsbereich von 40 auf 50 Prozent. "Die hybride Arbeitswelt ist bei den Menschen angekommen", sagte Berg. In der Kultur gaben 25 Prozent der Befragten an, dass digitale Angebote ihnen wichtig seien - hier rechnet der Bitkom-Präsident künftig mit einem weiteren Anstieg.

Zu wenig Wissen

Allerdings macht die Umfrage auch Schwierigkeiten aus. So sagte mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent), dass sie gerne stärker am digitalen Leben teilnehmen würden, sich aber zu wenig mit den entsprechenden Technologien auskennen. Ein Viertel (24 Prozent) traut sich demnach oft nicht, Geräte wie Smartphone oder Computer zu benutzen - aus Angst, etwas falsch zu machen.

Es brauche gezielte Schulungen, Begleitpersonen und Lernräume, mahnte Berg. Es sei erfreulich, dass eine Mehrheit bis ins hohe Alter hinein offen für die neuen Technologien sei - unter den Über-75-Jährigen äußerten dies 75 Prozent. Der selbstständige und souveräne Umgang müsse also auch allen ermöglicht werden.

Cartias für Digitalisierung

Auf die entsprechende Infrastruktur und Angebote zur Qualifizierung pochte die Präsidentin des Deutschen Landfrauenverbandes, Petra Bentkämper. Viele Ehrenamtler hätten sich in der Pandemie auf digitale Angebote umstellen müssen - dies werde auch in Zukunft "Ergänzung und Erleichterung" bringen. Caritas-Präsident Peter Neher betonte, die Digitalisierung öffentlicher und öffentlich finanzierter Dienste und Angebote müsse auf die Bedarfe der Menschen abgestimmt werden.

Barrieren entstünden bisweilen schon durch Begriffe, fügte Bentkämper hinzu. Der Umfrage zufolge hat sich das Digital-Vokabular im Vergleich zum Vorjahr verbessert; dennoch ist etwa der Begriff "Blockchain" jedem Zweiten (52 Prozent) unbekannt. Und: "Es gibt noch viel zu viele Gegenden, in denen die Menschen keine Chance haben, den digitalen Wandel mitzuerleben", kritisierte Bentkämper. Dies betreffe nicht nur den ländlichen Raum.

Bei aller Offenheit sprachen viele Befragte auch Sorgen an. 70 Prozent äußerten die Befürchtung, dass der Staat durch digitale Technologien alles über den Einzelnen wisse. 87 Prozent erklärten, dass nicht alles digitalisiert werden müsse.

Der Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Brandl, zeigte Verständnis dafür. Der digitale Wandel müsse stets den Menschen in den Mittelpunkt stellen, betonte er. So lasse sich etwa im Berufsleben nicht alles durch Webkonferenzen ersetzen. Auch Pflege und soziale Begleitung könnten nicht rein digital geschehen, ergänzte Bentkämper.

Einen Beitrag zu mehr digitaler Teilhabe soll am Freitag der zweite bundesweite Digitaltag leisten. Dafür haben sich 27 Organisationen aus den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Wohlfahrt und öffentliche Hand in der Initiative "Digital für alle" zusammengeschlossen. Darunter sind etwa der Deutsche Caritasverband, die Diakonie, der Deutsche Kulturrat sowie die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. In diesem Jahr sind über 1.500 Veranstaltungen geplant.


Quelle:
KNA