Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Weltweit hat die monotheistische Religionsgemeinschaft mehrere hunderttausend Mitglieder. Die Jesiden leben vor allem im nördlichen Irak; ein großer Teil ist aber nach Angaben Einheimischer vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geflüchtet. Ferner leben Jesiden in Nordsyrien, im Nordwesten des Iran und im Südosten der Türkei. Auch in Westeuropa gibt es inzwischen jesidische Gemeinden. Nach Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung befindet sich die weltweit größte Diasporagemeinde in Deutschland; sie habe rund 150.000 Mitglieder.
Der jesidische Glauben vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum. Erstmals erwähnt werden die Jesiden in nahöstlichen Quellen des 12. Jahrhunderts. Ihr Name geht vermutlich auf den Kalifen Yazid I. ibn Muawiya (680-683) zurück. Das religiöse Zentrum ist Lalisch, eine Stadt im Nordirak nahe Mossul. Im Jesidentum gibt es keine verbindliche religiöse Schrift; die Glaubenslehren werden mündlich überliefert. Nach jesidischer Vorstellung ist Gott "einzig, allmächtig und allwissend". Jesiden glauben nicht an ein Paradies oder eine Hölle, sondern an Seelenwanderung und Wiedergeburt.
Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt. Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Heiratet ein Jeside einen Andersgläubigen, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft. Jesiden wurden über die Jahrhunderte immer wieder verfolgt, sowohl religiös als auch ethnisch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als "ungläubig" und "vom wahren Glauben abgefallen". Daher verbergen Jesiden in ihren Heimatgebieten oft ihre Identität. Das Verhältnis zu Christen ist nach eigenen Angaben "gut".(KNA, 29.5.19)
03.08.2020
Anlässlich des sechsten Jahrestags des Genozids an den Jesiden im Irak rufen Menschenrechtler und Politiker zu mehr Schutz für Angehörige der Glaubensgemeinschaft auf. Noch immer können viele Jesiden nicht in ihre Heimat zurückkehren.
"Dieser Genozid darf nicht einfach vergessen werden", sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). Besonders wichtig sei es, den nach Entführungen und Vergewaltigungen oft schwer traumatisierten Frauen zu helfen. Zudem müsse daran gearbeitet werden, den Jesiden die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen. Dazu wolle Deutschland beitragen.
Leben mit Verfolgung
"Wir müssen das ganze Ausmaß der Verbrechen ans Licht bringen, um die Strafverfolgung und Aufarbeitung zu ermöglichen", sagte der Minister weiter. Den Jesiden sei unermessliches Leid zugefügt worden. Mädchen und Frauen seien vergewaltigt, versklavt und mit Terroristen der Miliz "Islamischer Staat" zwangsverheiratet worden. 360.000 Jesiden seien aus ihrer Heimat vertrieben worden. Ein Drittel der jesidischen Bevölkerung lebe bis heute in Camps im Nordirak als Binnenvertriebene.
Die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) hatte 2014 begonnen, Jesiden systematisch zu verfolgen und zu töten. Viele Frauen wurden verschleppt und versklavt. Als Gedenktag für den Beginn des Genozids gilt der 3. August.
Leben in Gefangenschaft
Aktuell wäre eine Rückkehr der Jesiden in die Region Sinjar gefährlich, warnte die Minderheiten-Referentin der Gesellschaft für bedrohte Völker, Lina Stotz. Im Juni habe die Türkei Luftangriffe auf die Region geflogen und dabei auch zivile Ziele wie Flüchtlingslager angegriffen. "Die Bombardierung von Genozid-Überlebenden gefährdet nicht nur diese: Sie stärkt auch den IS, der in der Region weiterhin aktiv ist", erklärte die Menschenrechtlerin. Die irakische Regierung sowie die internationale Gemeinschaft müssten dringend für Sicherheit und Wiederaufbau sorgen.
Weiterhin befinden sich laut Stotz bis zu 3.000 jesidische Frauen und Mädchen in IS-Gefangenschaft. Dazu kämen vermutlich Hunderte Kinder, die in Vergewaltigung gezeugt wurden. Diese Frauen und Kinder brauchten dringend Hilfe. Auch hier sei die internationale Gemeinschaft in der Pflicht.
"Die Menschen wollen Gerechtigkeit"
Der Beauftragte der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit, Markus Grübel, erinnerte ebenfalls an das Schicksal der vermissten jesidischen Frauen und Mädchen. "Auch wenn jesidische Familien aus den Flüchtlingslagern in ihre Heimat zurückkehren; die Voraussetzungen für ihre sichere Bleibe müssen erst geschaffen werden", sagte er. Viele Dörfer seien zerstört, Gebiete vermint. Die "psychischen Wunden von grausamer Verschleppung, Versklavung und dem Verlust von Familienangehörigen" blieben.
Deutschland spiele den "unbeteiligten Statisten"
Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Helin Evrim Sommer, sagte, der wissenschaftliche Dienst des Parlaments habe die jüngsten türkischen Angriffe im Nordirak als völkerrechtswidrig eingestuft. Die Bundesregierung dürfe nicht weiter "den unbeteiligten Statisten spielen", während der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan "einen Flächenbrand anzettelt und religiöse und ethnische Minderheiten wie die Jesiden terrorisiert".
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Weltweit hat die monotheistische Religionsgemeinschaft mehrere hunderttausend Mitglieder. Die Jesiden leben vor allem im nördlichen Irak; ein großer Teil ist aber nach Angaben Einheimischer vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geflüchtet. Ferner leben Jesiden in Nordsyrien, im Nordwesten des Iran und im Südosten der Türkei. Auch in Westeuropa gibt es inzwischen jesidische Gemeinden. Nach Informationen der Bundeszentrale für politische Bildung befindet sich die weltweit größte Diasporagemeinde in Deutschland; sie habe rund 150.000 Mitglieder.
Der jesidische Glauben vereint Elemente verschiedener nahöstlicher Religionen, vor allem aus dem Islam, aber auch aus dem Christentum. Erstmals erwähnt werden die Jesiden in nahöstlichen Quellen des 12. Jahrhunderts. Ihr Name geht vermutlich auf den Kalifen Yazid I. ibn Muawiya (680-683) zurück. Das religiöse Zentrum ist Lalisch, eine Stadt im Nordirak nahe Mossul. Im Jesidentum gibt es keine verbindliche religiöse Schrift; die Glaubenslehren werden mündlich überliefert. Nach jesidischer Vorstellung ist Gott "einzig, allmächtig und allwissend". Jesiden glauben nicht an ein Paradies oder eine Hölle, sondern an Seelenwanderung und Wiedergeburt.
Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt. Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Heiratet ein Jeside einen Andersgläubigen, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft. Jesiden wurden über die Jahrhunderte immer wieder verfolgt, sowohl religiös als auch ethnisch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als "ungläubig" und "vom wahren Glauben abgefallen". Daher verbergen Jesiden in ihren Heimatgebieten oft ihre Identität. Das Verhältnis zu Christen ist nach eigenen Angaben "gut".(KNA, 29.5.19)