Politik will Kurzzeitpflege in Deutschland stärken

Ein Sorgenkind

Pflegende Angehörige sind oft im Stress. Urlaub können sie nur machen, wenn der Pflegebedürftige einen Heimplatz auf Zeit bekommt. Doch die Kurzzeitpflege ist ein Sorgenkind.

Pflege durch Angehörige / © Halfpoint (shutterstock)

Nicht nur der Fachkräftemangel gefährdet die Pflege in Deutschland. Rund 185.000 von 2,5 Millionen pflegenden Angehörigen fühlen sich völlig überlastet und stehen kurz davor, die Pflege einzustellen. Das hatte vor einem Jahr der Pflegereport der Krankenkasse Barmer aufgedeckt.

Geringes Angebot, hohe Nachfrage 

Ein probates Mittel, Angehörige zu entlasten, wäre die Kurzzeitpflege. Doch die ist ein Sorgenkind. "In jedem Bundesland gibt es das Problem, dass einer hohen Nachfrage regelmäßig ein zu geringes Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen gegenübersteht", erklärte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Stefanie Drese (SPD) kürzlich bei einer Konferenz mit ihren Amtskollegen. Und Baden-Württembergs Sozialminister Manne Lucha (Grüne) zeigte sich überzeugt: "Angebote der Kurzzeitpflege sind stark nachgefragt und werden auch in Zukunft immer wichtiger." Daher brauche es eine breite Palette vielfältiger, klug miteinander vernetzter Angebote und Strukturen.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht dringenden Handlungsbedarf: Kurzzeitpflegeplätze seien derzeit in Deutschland Mangelware, sagte Vorstand Eugen Brysch am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Denn seit Jahren fahren die Einrichtungen diese Angebote zurück. Für viele ist es nicht lukrativ." Laut Brysch gibt es hierzulande gerade einmal 10.800 Plätze für 2,6 Millionen ambulant versorgte Pflegebedürftige.

Von Niedersachsen über NRW bis nach Baden-Württemberg: Immer mehr Bundesländer haben deshalb Programme angekündigt, um mehr Plätze für die Kurzzeitpflege zu schaffen. Am Freitag berichtete die "Süddeutsche Zeitung", dass auch die Koalitionsfraktionen aus Union und SPD die Kurzzeitpflege stärken und die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür verbessern wollen. Das geht aus einem Antrag an die Bundesregierung hervor.

Kurzzeitpflege zur Entlastung für Familien​ 

Laut Papier wollen die Regierungsfraktionen eine "wirtschaftlich tragfähige Vergütung" stärken und außerdem Mittel dafür bereitstellen, dass Patienten, die nach einem Krankenhausaufenthalt erst einmal ins Pflegeheim gehen, dort auch bei der Organisation ihrer späteren Wohnsituation unterstützt werden.

Der Antrag betont, dass neben den Pflegekassen auch die Bundesländer die Verantwortung für zusätzliche und rechtlich garantierte Plätze tragen. "Sie sollen Einsparungen, die sich aus der Einführung der Pflegeversicherung für die Sozialhilfeträger ergeben haben, zum Aufbau der Pflegeinfrastruktur nutzen", heißt es.

Bei der Kurzzeitpflege geht es um befristete, von den Pflegekassen teilweise finanzierte Aufenthalte im Pflegeheim - beispielsweise, wenn nach einer Behandlung im Krankenhaus niemand da ist, um einen gebrechlichen oder kranken Menschen zu Hause zu versorgen. Die Kurzzeitpflege ist auch als Entlastung für Familien vorgesehen, die einen Angehörigen dauerhaft pflegen. Durch die Möglichkeit, den Pflegebedürftigen für einige Wochen in professionelle Betreuung zu geben, können viele Pflegende überhaupt einmal Urlaub machen.

Finanzierung ist zentrales Problem 

Aus Sicht der Länder-Sozialminister ist das zentrale Problem die Wirtschaftlichkeit. Ein Kurzzeitpflegeplatz werde oft von jetzt auf gleich gebraucht, so Drese. Die Patienten blieben aber nur für kurze Zeit. Ihre Pflege sei deshalb besonders anspruchsvoll - besonders, wenn sie gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden seien. Es müsse deshalb viel Personal und Ausstattung vorgehalten werden.

Die Länder schlagen deshalb eine höhere Vergütung von Leistungen in der Kurzzeit- und Verhinderungspflege vor. Außerdem sollte die Errichtung von Einrichtungen unkomplizierter werden und es auch Krankenhäusern erlaubt werden, Kurzzeitpflege anzubieten. Pflegeheime sollten verpflichtet werden, einen bestimmten Anteil Betten für die Kurzzeitpflege frei zu halten.

Die höheren Aufwendungen und die Einnahmeausfälle in Zeiten der Nichtnutzung müssten von den Pflegekassen bezahlt werden, sagte Drese, die derzeit Vorsitzende der Konferenz der Sozialminister ist. Das Bundesgesundheitsministerium erklärte unterdessen dazu laut "Süddeutscher Zeitung", zunächst müsse die Finanzierung der Pflegeversicherung reformiert werden; dann könne die Kurzzeitpflege angegangen werden.

Von Christoph Arens