Vor 50 Jahren: Erste Herztransplantation in Deutschland

Keine echte Alternative in Sicht

Der erste Patient überlebte nur 27 Stunden. Doch 50 Jahre nach der ersten Herztransplantation auf deutschem Boden haben sich die Überlebenschancen deutlich verbessert.

Eine Organtransportbox  / © Jens Kalaene (dpa)
Eine Organtransportbox / © Jens Kalaene ( dpa )

Der 36-jährige Patient überlebte nur 27 Stunden mit dem transplantierten Organ. Vor 50 Jahren, am 13. Februar 1969, verpflanzte ein Münchner Chirurgen-Team um Werner Klinner, Fritz Sebening und Rudolf Zenker das erste Herz auf deutschem Boden - 430 Tage nach der weltweit ersten Herztransplantation 1967 durch den südafrikanischen Herzchirurgen Christiaan Barnard.

Sohn eines protestantischen Missionars war Pionier

Ein Jahr lang hatten sich die Münchner Mediziner intensiv vorbereitet und trainiert: 65 Minuten dauerte die eigentliche Organverpflanzung. Der Patient überlebte nach Darstellung der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie nicht, weil das Spenderherz durch Vorerkrankungen geschädigt war, "was mit dem damaligen medizinischen Wissen nicht abzusehen war".  

Barnard, Sohn eines protestantischen Missionars, hatte mit der allerersten Herztransplantation Medizingeschichte geschrieben - obwohl sein Patient nur 18 Tage überlebte. Seine Pioniertat wurde später mit der Mondlandung verglichen. Doch sein Sieg im Wettlauf um Ruhm und Ehre hatte einen Beigeschmack: Er selbst sprach mit Blick auf die Transplantation von einem "Sprung ins kalte Wasser". Viele hielten eine derart komplizierte Operation für verfrüht, hatte es bis dahin ähnliche Experimente doch nur an Hunden gegeben.

Andererseits: 13 Jahre nach der ersten erfolgreichen Nierentransplantation in Boston waren 1967 wichtige Voraussetzungen für eine Herztransplantation beim Menschen erfüllt. Die Herz-Lungen-Maschine konnte für die Dauer der Operation die Herzfunktion übernehmen, und eine ausreichende Konservierung des Spenderherzens war möglich. Auch andere Mediziner fühlten sich deshalb ermutigt. 

Heutzutage ist Herztransplantation kalkulierbares Risiko 

Die ersten spektakulären Herztransplantationen lösten eine Welle an Organverpflanzungen aus, die jedoch allesamt nicht längerfristig erfolgreich waren. Es gab immer neue Rückschläge. Erst in den 1980er Jahren, nach der Einführung verschiedener effektiv wirkender und nebenwirkungsärmerer Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems, wurden die Herztransplantations-Programme ausgeweitet. 

"Erst durch weiterreichende Erkenntnisse über das menschliche Immunsystem und das damit einhergehende bessere Verständnis der Abstoßungsreaktion waren deutlich höhere Überlebenschancen der organtransplantierten Patienten gegeben", sagt der Herzchirurg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Wolfgang Harringer.

Heute ist die Herztransplantation zu einem kalkulierbaren Risiko geworden. Patienten können 15 bis 20 Jahre mit einem zweiten Herzen leben; die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt etwa 10 Jahre. Weltweit wurden nach einem Bericht des "Deutschen Ärzteblatts"  mindestens 80.000 Herztransplantationen durchgeführt. Ein Jahr nach der Transplantation funktionieren in Deutschland noch etwa 76 Prozent der Spenderorgane, nach fünf Jahren sind es etwa 67 Prozent.

Fehlende Spenderorgane sind das Nadelöhr

Das Nadelöhr sind fehlende Spenderorgane: 2017 konnten in Deutschland nur 253 Herzen transplantiert werden, ein Tiefststand seit nahezu 25 Jahren. 2018 stieg die Zahl wieder auf 295 Herztransplantationen an. Rund 700 Patienten stehen auf der Warteliste für ein Spenderherz.

Mediziner und Wissenschaftler forschen an Alternativen: Um Patienten mit Herzschwäche im Endstadium eine Überlebenschance zu ermöglichen, bis ein Spenderorgan zur Verfügung steht, kommen mittlerweile sehr häufig künstliche Herzunterstützungssysteme zum Einsatz, die die Pumpfunktion des Herzens ersetzen. Andere arbeiten an Kunstherzen oder versuchen, Schweineherzen genetisch zu verändern, damit sie von Patienten nicht abgestoßen werden. Wissenschaftler experimentieren mit körpereigenen Zellen, um Transplantate zu gewinnen. Auch bei der medikamentösen Therapie von Herzerkrankungen gibt es große Fortschritte.

"Erfreulicherweise werden die Herzunterstützungssysteme immer kleiner, leistungsfähiger und einfacher in der Handhabung", bilanziert Harringer. Allerdings werde es noch eine längere Zeit dauern, bis künstliche Systeme einem transplantierten Herz zumindest gleichwertig sind: "Trotz der technischen Fortschritte gibt es bis heute keine wirkliche Alternative zum menschlichen Herzen."

Von Christoph Arens 


Quelle:
KNA
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