Schulpfarrer zum Treffen der Bonner Liebfrauenschule mit Sant'Egidio in Rom

"Ein sehr beeindruckender Abend"

Die komplette Bonner Liebfrauenschule ist zum 100-jährigen Jubiläum des Gymnasiums in Rom unterwegs. Dabei stand ein Besuch bei der Gemeinschaft Sant'Egidio auf dem Programm. domradio.de sprach darüber mit dem Schulseelsorger.

 Schülerinnen der Erzbischöflichen Liebfrauenschule vor dem Collosseum / © NN (privat)
Schülerinnen der Erzbischöflichen Liebfrauenschule vor dem Collosseum / © NN ( privat )

domradio.de: Sie waren zu Besuch bei der katholischen Laienbewegung Sant'Egidio und haben dort Flüchtlinge getroffen. Wie war der Abend für die Schülerinnen?

Dominik Schultheis (Schulpfarrer an der Liebfrauenschule in Bonn): Es war ein sehr beeindruckender Abend. Wir waren zu Gast in der Kirche Santa Maria in Trastevere. Dort haben wir uns vor dem Abendgebet, an dem wir später mit den Schülerinnen teilgenommen haben, mit der Gemeinschaft getroffen. Die Stimmung war bereits vor dem Gottesdienst andächtig.

Eine geflüchtete Syrerin namens Nora hat über ihre Erlebnisse live, quasi "in Farbe" berichtet. Die Schülerinnen waren emotional dicht bei ihr. Nora hat ihre Dankbarkeit darüber mitgeteilt, dass Sant‘Egidio ihr die Flucht über einen humanitären Weg ermöglicht hat und dass sie nicht den Weg über das Meer nehmen musste, bei dem viele Menschen ja leider ihr Leben lassen müssen, wie wir ja immer wieder den Medien entnehmen.

domradio.de: Sie haben Sant’Egidio einen Scheck über 7.500 Euro überreicht. Was macht die Gemeinschaft damit?

Schultheis: Sant’Egidio versucht, mit dem Geld weitere vor allem kranke Menschen und Menschen mit Behinderung aus Syrien sicher und legal nach Italien zu holen, damit diese nicht über kriminelle Schlepperbanden gehen müssen, sondern per Flugzeug einreisen können. Ein Flugticket kostet etwa 100 Euro. Man kann sich ausrechnen, wie viele Flugtickets nun finanziert werden können.

domradio.de: Was nehmen die Schülerinnen von dem Besuch gestern mit für die Zukunft?

Schultheis: Die einen nehmen mit, dass man etwas tun kann und nicht denken muss: "Da können sich andere drum kümmern". Sie merken, dass man es selbst in der Hand hat und etwas tun kann; dass man nicht wegschaut, sondern hinschaut.

Die anderen – unsere eigenen geflohenen syrischen Mädchen aus unserer Internationalen Vorbereitungsklasse – nehmen mit, dass etwas für sie getan wird. Es war ein sehr bewegender Moment als Nora aus der Kirche zu ihrer Tochter ging und alle syrischen Kinder aus unserer Internationalen Vorbereitungsklasse automatisch zu ihr kamen und einen großen Kreis um sie herum bildeten.

Es war sehr bewegend mit anzusehen, wie sich diese syrischen Frauen solidarisieren, sich austauschen und freuen, dass Sant’Egidio Nora und damit stellvertretend allen syrischen Flüchtlingen hilft. Diesen sehr bewegenden Moment nehmen wir alle mit, weil spürbar war, dass das, was wir tun, etwas sehr Sinnvolles und Notwendiges ist.

domradio.de: Das muss eine logistische Meisterleistung sein, mit 530 Menschen einen Ausflug zu machen. Wie ist das?

Schultheis: Es ist jeden Tag eine neue Herausforderung. Ich bin gerade auf dem Weg zum Essenszelt an einem Mädchen vorbeigekommen. Sie war total aufgelöst, weil sie dachte, dass ihr Bus bereits nach Pompeji losgefahren sein sollte. Sie hatte verschlafen, niemand hatte sie geweckt. Ich konnte sie mit dem Satz beruhigen: "Auch du kommst mit, hol dir erstmal ein Brötchen, schmier‘ dir etwas für unterwegs und dann läufst du schnell zum Bus."

Das Interview führte Tobias Fricke.


Dominik Schultheis, Schulseelsorger an der Liebfrauenschule in Bonn / © Dominik Becker (DR)
Dominik Schultheis, Schulseelsorger an der Liebfrauenschule in Bonn / © Dominik Becker ( DR )
Quelle:
DR