Bundestag will weitere Stufe der Pflegereform beschließen

Pflegeberatung aus einer Hand

Der Bundestag will an diesem Donnerstag über den letzten Baustein der Pflegereform entscheiden. Das Pflegestärkungsgesetz III sieht mehr Handlungsspielraum für die Kommunen vor und soll Abrechnungsbetrug bekämpfen.

Autor/in:
Christoph Arens
Weitere Stufe der Pflegereform soll kommen / © Benedikt Plesker (KNA)
Weitere Stufe der Pflegereform soll kommen / © Benedikt Plesker ( KNA )

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig eine umfassende Beratung von Städten und Gemeinden erhalten. Das sieht das dritte Pflegestärkungsgesetz vor, das der Bundestag beschließen will. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) legt damit einen weiteren Baustein zur Reform der Pflegeversicherung vor. Das Gesetz soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Ziel: Pflegeberatung aus einer Hand

Ging es bei den bisherigen Reformschritten um bessere Leistungen für pflegende Angehörige und Demenzkranke, so soll das neue Gesetz dafür sorgen, dass Städte, Kreise und Gemeinden mehr Kompetenzen bei der Planung und Organisation von Pflegeangeboten erhalten. Ziel Gröhes ist "eine Pflegeberatung aus einer Hand".

"Gute Pflege findet zuallererst vor Ort statt", hat der Minister mehrfach betont. Wichtig sei, dass Pflegekassen und kommunale Hilfs- und Betreuungsangebote gut zusammenarbeiteten und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse reagieren könnten. Sozialräume, etwa die Stadtviertel, müssten so entwickelt werden, dass pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich im gewohnten Umfeld bleiben könnten.

Begrenzte Möglichkeiten

Städte und Gemeinden schultern schon jetzt umfangreiche Aufgaben für alte und pflegebedürftige Menschen, zum Beispiel Altenhilfe, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, familienentlastende Hilfen sowie die Gestaltung des Öffentlichen Nahverkehrs. Allerdings stünden ihnen im Bereich der eigentlichen Pflege bislang nur begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung, beschreibt der Minister einige Defizite.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Beratungsangeboten etwa von Wohlfahrtsverbänden, Pflegekassen oder der Unabhängigen Patientenberatung. Kritiker beklagen deshalb eine unübersichtliche Beratungslandschaft. Nicht immer sei eine neutrale Beratung gewährleistet.

Das soll sich ab 2017 ändern: Nach dem Willen der Regierungskoalition sollen die Kommunen künftig die Beratung von Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen und deren pflegenden Angehörigen federführend steuern. Zunächst soll in 60 Modellkommunen fünf Jahre lang erprobt werden, ob die Beratung für Pflegebedürftige besser wird, wenn Angebote von Pflegekassen, Selbsthilfeeinrichtungen oder Mehrgenerationenhäusern eng miteinander vernetzt werden und die Beratung von den Kommunen erbracht wird.

Opposition kritisiert: Kleckern statt Klotzen

Die Gesetzlichen Krankenkassen lehnen diese "Verschiebung von Zuständigkeiten und Beitragsgeldern von der Pflegeversicherung hin zu den Kommunen" ab. Die Linke kritisiert die Begrenzung auf 60 Städte und Gemeinden: "Das ist doch Kleckern und nicht Klotzen", erklärte Linken-Politikerin Sabine Zimmermann.

Die Regierung will den Kommunen darüber hinaus für fünf Jahre ein Recht zur Einrichtung neuer Pflegestützpunkte verschaffen; das soll vor allem in bislang unterversorgten Regionen die Beratung verbessern. Bisher sind es die Bundesländer, die entscheiden, wo Pflegestützpunkte eingerichtet werden. Derzeit gibt es in Deutschland Schätzungen zufolge rund 400 Pflegestützpunkte. Ihre Finanzierung und Organisation ist sehr unterschiedlich, da die Pflegereform von 2008 die Gründung dieser Beratungsstellen den Ländern übertragen hatte.

Die Länder sollen außerdem ermächtigt werden, regionale Pflegeausschüsse und sektorenübergreifende Landespflegeausschüsse mit der Analyse der Versorgungslandschaft zu beauftragen. Sie sollen schnell auf Defizite reagieren können.

Kurzfristig ergänzt wurde der Gesetzentwurf nach Berichten über massiven Betrug in der Alten- und Krankenpflege. Künftig sollen ambulante Pflegedienste stärker kontrolliert werden. Im Frühjahr war bekannt geworden, dass den Sozialkassen pro Jahr bis zu einer Milliarde Euro verloren gehen, weil kriminelle Pflegedienste Leistungen abrechnen, die nicht erbracht wurden. Teilweise seien auch Patienten in den Betrug verwickelt, die ihre Pflegebedürftigkeit simulierten und sich den Erlös mit dem Pflegedienst teilten, hieß es in einem Bericht des Bundeskriminalamtes.

Ziel ist es, dass die gesetzlichen Krankenkassen künftig die Abrechnungen sämtlicher ambulanter Pflegedienstbetreiber überprüfen dürfen - unabhängig davon, ob die versorgten Patienten Geld aus der Kranken- oder der Pflegekasse beziehen.


Herrmann Gröhe / © Maurizio Gambarini (dpa)
Herrmann Gröhe / © Maurizio Gambarini ( dpa )
Quelle:
KNA