Seelsorge nach Angriff auf deutsche Soldaten in Mali

"Emotional höchst angespannt"

Bei einem mutmaßlichen Autobombenangriff im westafrikanischen Mali sollen mehrere UN-Soldaten verletzt worden sein, darunter auch deutsche. Was macht solch ein Angriff mit der Truppe - und wie geht man seelsorglich damit um?

Bundeswehrsoldat in Gao, Mali / © Michael Kappeler (dpa)
Bundeswehrsoldat in Gao, Mali / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie haben die Truppe in Mali mehrmals als Militärpfarrer besucht, zuletzt im vergangenen Sommer. Auch das Lager der Deutschen in Gao kennen Sie, in dessen Nähe sich heute der mutmaßliche Anschlag ereignet hat. Was bedeutet solch ein Angriff für die Soldaten?

Stephan Frank (Militärpfarrer): Erst einmal Stress. Man ist angespannt, weil man eben noch kein genaues Lagebild hat. Man weiß, es ist etwas passiert und schaut, dass man Informationen bekommt, dass man in die Operationszentrale geht. Man versucht erstmal die Lage zu verifizieren vor Ort.

DOMRADIO.DE: Und dann?

Frank: Dann wartet man ab. Ich bin jetzt nicht vor Ort, aber ich vermute, man versucht die Soldaten jetzt zurückzuholen. Die deutsche Basis in Gao ist circa 150 Kilometer entfernt. Man muss die Verwundeten zurückbringen und entsprechend sanitätsdienstlich versorgen, eventuell auch nach Deutschland verlegen. Da gibt es verschiedene Planungsschritte, die vor Ort, oder in Absprache mit dem Einsatzführungskommando eingeleitet werden, um die Soldatinnen und Soldaten dann optimal medizinisch zu versorgen.

DOMRADIO.DE: Das ist die organisatorische Seite. Wie sieht es denn menschnlich und seelsorglich aus, in solch einer Ausnahmesituation?

Frank: Menschlich sind die Soldatinnen und Soldaten natürlich total angespannt. Es ist aufreibend, weil ich eben nicht dabei bin. Ich wäre am liebsten natürlich bei den Kameraden selbst, um sie vor Ort zu versorgen. Es ist ein sehr gefährlicher Einsatz, wie wir heute erlebt haben. Und deshalb wäre ich jetzt wahrscheinlich, wenn ich unten wäre, so wie jetzt auch die Militärseelsorge in Gao, einfach da, um die Soldatinnen und Soldaten vor Ort zu begleiten. Als erstes heißt es jetzt abzuwarten und zu hoffen, dass die Betroffenen auch medizintechnisch gut versorgt werden.

DOMRADIO.DE: Wie bereitet man denn die Soldaten auf sowas vor? Muss man bei solch einem Einsatz die Gefahr für Leib und Leben mit einkalkulieren?

Frank: Genau. Man wird im Inland ja schon darauf vorbereitet durch Seminare, durch lebenskundlichen Unterricht oder dadurch, dass die Soldatinnen und Soldaten sich natürlich auch im privaten Umfeld über so ein Thema unterhalten. In der Vorbereitung wird das natürlich auch thematisiert, dass Leib und Seele eben auch verletzt werden können, unter Umständen durch solch einen mutmaßlichen Anschlag, wie jetzt bei Gao. Man weiß, wenn man in so einen Einsatz geht, egal in welchen Einsatz, dass so etwas grundsätzlich passieren kann. Also man hat sich da innerlich schon mal damit auseinandergesetzt. Man hofft natürlich, dass es nicht passiert. Aber wir sehen jetzt ja, dass das leider eben auch Realität ist.

Man kann sich quasi nur durch Gespräche ja darauf vorbereiten und auch überlegen, was es für einen oder auch für die anderen Kameraden bedeutet, und natürlich auch für die Angehörigen.

Jeder Familienangehörige in Deutschland, der eine Soldatin oder einen Soldaten im Einsatz hat, ist natürlich total angespannt. Die Meldung ist ja jetzt draußen und muss verifiziert werden. Man muss schauen: Was stimmt da, was ist da jetzt tatsächlich dran? Und da ist natürlich jede Familie, die einen Kameraden im Auslandseinsatz hat, emotional höchst angespannt. Das ist eine ganz große Belastung für diejenigen, die daheim sind. Also nicht nur im Camp in Gao oder auch im Einsatz in Mali, sondern auch für die Familienangehörigen daheim und auch für die anderen Kameraden. Man kennt sich ja und das ist für die Seele und für den Körper eine große Belastung.

Das Gespräch führte Renardo Schlegelmilch.

 


Quelle:
DR