Zeitung: Schweizer Bischof hat Missbrauchsfall nicht aufgeklärt

"Handeln nur unter öffentlichem Druck"

Der "Tagesanzeiger" aus Zürich wirft dem Westschweizer Bischof Charles Morerod vor, einen Missbrauchsfall nicht aufgeklärt zu haben. Der Bischof habe jahrelang Bescheid gewusst, aber nicht die nötigen Schritte unternommen.

Zeitung: Vorwürfe gegen Westschweizer Bischof Charles Morerod / © 271 EAK MOTO (shutterstock)
Zeitung: Vorwürfe gegen Westschweizer Bischof Charles Morerod / © 271 EAK MOTO ( shutterstock )

Obwohl der Bischof von Freiburg (Fribourg) Akten zu einem mutmaßlichen sexuellen Übergriff schon vor Jahren erhalten habe, habe er das Dossier offenbar ignoriert und den Pfarrer erst jetzt suspendiert, berichtete die Zeitung (Mittwoch).

Am Dienstag war der Geistliche bis auf Weiteres aus dem Dienst entlassen worden. Das Bistum teilte mit, man habe von einer fast 20 Jahre zurückliegenden Anschuldigung erfahren, die einer Klärung bedürfe. Der Bischof habe die Freistellung verfügt.

Dossier soll seit 2011 bekannt sein

Nach Darstellung des "Tagesanzeigers" liegt Morerod das entsprechende Dossier seit 2011 vor. Es sei aber nichts geschehen, bis die Zeitung den Bischof zu Wochenbeginn mit ihren Rechercheergebnissen konfrontiert habe.

1998 soll demnach ein heute 39-Jähriger von dem damaligen Pfarrer in dessen Wohnung sexuell belästigt worden sein. Dieser sei für ihn eine "Autoritäts- und Vaterfigur" gewesen und habe sein Vertrauen schwer missbraucht.

Der Pfarrer habe dem Opfer später einen Brief geschrieben und um Entschuldigung gebeten. 2001 habe es im Bischofshaus eine Aussprache der Beteiligten mit und dem damaligen Generalvikar gebeten, in der der Beschuldigte die Fakten anerkannt habe.

Bischof weist Vorwürfe zurück

Morerod machte den Geistlichen 2012 zum Priester an der Kathedrale und bestätigte ihn als Mitverantwortlichen der Priesterausbildung. Bei ersten Presseberichten im Dezember 2019 hätten sowohl der damalige Generalvikar als auch der Beschuldigte einen Übergriff geleugnet.

Die Zeitung wirft Morerod vor, nun "nur unter Druck der Öffentlichkeit" zu handeln. Es gebe eine sichere Quelle, dass die damalige Westschweizer Opferkommission Morerod das Dossier 2011 übergeben habe, als dieser Bischof wurde. Er selbst erklärte laut "Tagesanzeiger", er habe es erst Ende Dezember 2019 im Zuge dieser Recherchen gefunden und der Polizei übergeben.

Ansonsten wollten sich weder der Bischof noch der Beschuldigte zu dem Fall äußern; man wolle der laufenden kirchlichen Voruntersuchung nicht vorgreifen.

Weiterer Belästigungsvorwurf

Nach Angaben der Zeitung gibt es noch einen weiteren Belästigungsvorwurf eines früheren afrikanischen Seminaristen gegen denselben Geistlichen. Der Bischof habe einen Anwalt beauftragt, auch diesem Vorwurf nachzugehen. Am kommenden Mittwoch wolle Morerod in Lausanne öffentlich über seine Rolle bei der Aufarbeitung und Prävention von Missbrauch referieren, so die Zeitung weiter.


Quelle:
KNA