Nach der Debatte über Missbrauch im Erzbistum Köln wendet sich der Hamburger Erzbischof Stefan Heße nun an den Vatikan. "Ich kann nicht Richter in eigener Sache sein", so Heße. Rom soll auch über Konsequenzen für Heßes Bischofsamt entscheiden.
Der Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße, lässt vorerst sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der Katholiken ruhen. Zugleich hat sich der Erzbischof offiziell mit einem Schreiben an die Bischofskongregation in Rom gewandt. Darin informiert er diese über die aktuelle Situation und die öffentliche Debatte um die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln, mit denen auch er als damaliger Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal und Generalvikar befasst war. Er kündigt in dem Brief zudem an, dass er - sobald die Ergebnisse der jetzt in Köln laufenden Untersuchung vorliegen - diese an die Bischofskongregation senden werde. "Auf meine Bitte hin soll Rom prüfen, ob die dann vorliegenden Untersuchungsergebnisse Auswirkungen auf mein Amt als Erzbischof in Hamburg haben“, so der Erzbischof. Köln hat die Vorlage der Untersuchung für März 2021 angekündigt.
"Ich habe mich heute schriftlich an den Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, gewandt und ihm die Situation geschildert. Ich habe ihm gegenüber erklärt, dass ich mich stets nach bestem Wissen und Gewissen an der Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln und nie an der Vertuschung solcher Fälle beteiligt habe. Die seit Monaten öffentlich geführte Debatte über meine Zeit in Köln belastet nicht nur mich persönlich, sondern auch die Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum. Aus Sorge um das Erzbistum Hamburg sehe ich es daher als meine Pflicht an, die römischen Stellen sowohl über die aktuelle Situation als auch über die im März vorliegenden Untersuchungsergebnisse aus Köln zu unterrichten. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich nicht Richter in eigener Sache sein kann, sondern die Instanz um Prüfung bitte, die mich in mein Amt als Erzbischof eingesetzt hat“, erklärte Erzbischof Stefan Heße. (Erzbistum Hamburg/20.11.2020)
04.02.2021
Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat im Zusammenhang mit dem Missbrauchskandal nach eigenen Worten darüber nachgedacht, sein Amt ruhen zu lassen. Er könne dies jedoch nicht von sich aus tun, sagte er nun in einem Interview.
Die römische Bischofskongregation habe ihm "ganz klar" signalisiert: "Im Moment gibt es nur Dinge, die in der Zeitung stehen. Es gibt noch keine Studie, deswegen haben wir keine Veranlassung, jetzt Maßnahmen zu ergreifen." Nur der Papst könne ihn daher zu einem Amtsverzicht auffordern, so Heße im Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag).
Antwort aus Rom steht noch aus
Eine abschließende Antwort aus Rom habe er noch nicht erhalten, fügte der Erzbischof hinzu. Er gehe jedoch davon aus, dass die Kongregation sich mit der Angelegenheit auseinandersetze. Neben ihm stünden auch der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki und die dortigen Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp im Fokus: "Das sind jetzt vier Bischöfe in Deutschland - da kann ich mir nicht vorstellen, dass die Kongregation davor die Augen verschließt."
Im September waren Vorwürfe gegen Heße bekannt geworden, nach denen er in seiner Zeit als Personalchef im Erzbistum Köln Missbrauchsfälle vertuscht haben soll. Die "Zeit"-Beilage "Christ&Welt" veröffentlichte Teile eines Gutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), in denen Heße eine "indifferente" und "von fehlendem Problembewusstsein" geprägte Haltung gegenüber Opfern vorgeworfen wird.
Heße wies die Anschuldigungen zurück. Im November informierte er die Bischofskongregation und erklärte, sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) bis zur Aufklärung der Vorwürfe ruhen zu lassen.
Fehler nicht ausgeschlossen
Er kenne aus dem WSW-Gutachten nur den Teil, der ihn selbst betreffe, sagte Heße nun weiter. "Mit den wenigen Worten, die in einer großen Zeitung gestanden haben, ist das Resümee dessen" auch bereits in der Öffentlichkeit. Für das neue Gutachten, mit dem der Kölner Jurist Björn Gercke beauftragt wurde und das im März vorgestellt werden soll, sei er noch nicht befragt worden.
Er nehme indes für sich in Anspruch, in allen Missbrauchsfällen im fraglichen Zeitraum "nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt" und sich der Aufarbeitung verschrieben zu haben.
Dabei schließe er nicht aus, dass er Fehler gemacht habe, fügte Heße hinzu. "Für mich ist aber auch klar: Ich habe damals in das Thema viel investiert, mit vielen Betroffenen und vermeintlichen Tätern gesprochen, und ich habe das zum großen Teil mit anderen Verantwortlichen gemeinsam gemacht." Die letzte Entscheidung treffe in solchen Fällen der Bischof.
Zur aktuellen Debatte um die Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln sagte Heße, sie überlagere das Thema Missbrauch in der katholischen Kirche derzeit. Er selbst sei seit sechs Jahren nicht mehr in Köln und fühle sich als Nordbischof, insofern halte er sich mit einer Bewertung der Situation zurück.
Nur Konzil kann über Frauen als Priester entscheiden
Erzbischof Heße warb im Interview außerdem dafür, die Frage des Frauenpriestertums in der katholischen Kirche ergebnisoffen zu diskutieren. "Es hat in der katholischen Kirche immer eine Weiterentwicklung der Lehre gegeben". Letztlich könne eine Entscheidung, ob Frauen zu Priestern geweiht werden, nach seinem Empfinden am Ende nur ein vom Papst einberufenes Konzil fällen.
Mit Online-Beratungen wird am Donnerstag und am Freitag der Synodale Weg fortgesetzt, ein im Dezember 2019 begonnener innerkatholischer Reformdialog zwischen Bischöfen und Katholiken an der Kirchenbasis. Es geht dabei um die Lehren aus Missbrauchsskandalen und Reformen in den Bereichen Macht und Gewaltenteilung, priesterliche Lebensformen, Sexualmoral und Frauen in der Kirche.
Nach der Debatte über Missbrauch im Erzbistum Köln wendet sich der Hamburger Erzbischof Stefan Heße nun an den Vatikan. "Ich kann nicht Richter in eigener Sache sein", so Heße. Rom soll auch über Konsequenzen für Heßes Bischofsamt entscheiden.
Der Erzbischof von Hamburg, Stefan Heße, lässt vorerst sein Amt als Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der Katholiken ruhen. Zugleich hat sich der Erzbischof offiziell mit einem Schreiben an die Bischofskongregation in Rom gewandt. Darin informiert er diese über die aktuelle Situation und die öffentliche Debatte um die Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln, mit denen auch er als damaliger Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal und Generalvikar befasst war. Er kündigt in dem Brief zudem an, dass er - sobald die Ergebnisse der jetzt in Köln laufenden Untersuchung vorliegen - diese an die Bischofskongregation senden werde. "Auf meine Bitte hin soll Rom prüfen, ob die dann vorliegenden Untersuchungsergebnisse Auswirkungen auf mein Amt als Erzbischof in Hamburg haben“, so der Erzbischof. Köln hat die Vorlage der Untersuchung für März 2021 angekündigt.
"Ich habe mich heute schriftlich an den Präfekten der Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, gewandt und ihm die Situation geschildert. Ich habe ihm gegenüber erklärt, dass ich mich stets nach bestem Wissen und Gewissen an der Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs im Erzbistum Köln und nie an der Vertuschung solcher Fälle beteiligt habe. Die seit Monaten öffentlich geführte Debatte über meine Zeit in Köln belastet nicht nur mich persönlich, sondern auch die Katholikinnen und Katholiken im Erzbistum. Aus Sorge um das Erzbistum Hamburg sehe ich es daher als meine Pflicht an, die römischen Stellen sowohl über die aktuelle Situation als auch über die im März vorliegenden Untersuchungsergebnisse aus Köln zu unterrichten. Für mich ist es selbstverständlich, dass ich nicht Richter in eigener Sache sein kann, sondern die Instanz um Prüfung bitte, die mich in mein Amt als Erzbischof eingesetzt hat“, erklärte Erzbischof Stefan Heße. (Erzbistum Hamburg/20.11.2020)