Zu COP26: Kirche, Religion und Klimawandel in Asien

Ist "Laudato si" mehr als Papier?

An diesem Sonntag beginnt in Glasgow der Weltklimagipfel COP26. Viele Augen sind auf Asien als die vom Klimawandel am stärksten betroffene Weltregion gerichtet. Asiatische Katholiken erwarten von ihren Kirchen ein stärkeres Engagement.

Autor/in:
Michael Lenz
Wettlauf gegen Regenzeit (dpa)
Wettlauf gegen Regenzeit / ( dpa )

2020 war in Asien das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. "Extreme Wetter- und Klimawandelauswirkungen in ganz Asien haben 2020 Tausenden Menschen den Tod gebracht, Millionen weitere vertrieben und Hunderte Milliarden Dollar gekostet, während sie gleichzeitig einen hohen Tribut von der Infrastruktur und den Ökosystemen verlangten", heißt es in dem kurz vor der Weltklimakonferenz in Glasgow veröffentlichten Bericht zur Klimalage in Asien der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) der Vereinten Nationen.

Bangladesh und Philippinen besonders betroffen

Weiter heißt es: "Mit zunehmender Ernährungs- und Wasserunsicherheit, Gesundheitsrisiken und Umweltzerstörung ist die nachhaltige Entwicklung bedroht." Keine asiatische Region sei von der Klimakatastrophe verschont - doch einige Länder wie Bangladesch oder die Philippinen sehr viel stärker betroffen als andere.

In den asiatischen Ländern hat die katholische Kirche den Ernst der Lage erkannt und - besonders seit "Laudato si" - Maßnahmen und Kampagnen gegen den Klimawandel gestartet. Oft zusammen mit örtlichen Organisationen anderer Religionen leistet sie humanitäre Hilfe für die meist armen Betroffenen des Klimawandels, unterstützt lokale Proteste gegen neue Kohlekraftwerke, zerstörerischen Bergbau und die Dämmung von Flüssen. In Bangladesch begann die Kirche im August 2020 zum fünften Jahrestag der Enzyklika mit der Pflanzung von 400.000 Bäumen.

Im Juli 2019 veröffentlichte die Bischofskonferenz der Philippinen einen Zehn-Punkte-Klimaplan. Ein zentraler Punkt ist der Ausstieg der Kirche aus Investitionen in "schmutzige Energien". Katholische Organisationen sind zudem aufgefordert, nicht mehr in Bergbauunternehmen zu investieren.

Umsetzung der Umweltenzyklika?

Viele asiatische Katholiken wünschen sich gleichwohl ein noch stärkeres Engagement. Ist "Laudato si" in Asien mehr als ein Packen Papier? Die Kirchen brauchten "ernsthafte Interventionen zur Umsetzung der Umweltenzyklika in eine Blaupause für Aktion", überschrieb der Journalist Rock Ronaldo Rozario, Bürochef des asiatischen Pressedienstes Ucanews in Bangladesch, seinen jüngsten Artikel über Kirche und Klimapolitik in Asien.

Trotz der "tragischen Verwundbarkeit" Asiens gebe es weder von den nationalen Bischofskonferenzen noch von der Föderation asiatischer Bischofskonferenzen (FABC) einen Masterplan zur Veränderung der Klimapolitik, klagt der katholische Journalist. Allerdings räumt Rozario ein, dass der Katholizismus in den meisten asiatischen Ländern als Minderheitsreligion keinen großen Einfluss auf Politik und Gesellschaft habe.

Zu zögerlich, zu wenig ambitioniert: Vor allem junge Umweltaktivisten in Bangladesch begrüßten zwar im Juni den Verzicht der Regierung auf den Bau von zehn neuen Kohlekraftwerken. Einen Umstieg von Kohle auf Flüssiggas zur Energiegewinnung lehnen sie ab. Stattdessen fordert das Jugendnetzwerk für Klimagerechtigkeit in Bangladesch einen "Green New Deal", in dem der Umstieg auf Solarenergie im Mittelpunkt stehen soll.

Von Wind und Wellen weggespült

Für den weltweiten Klimastreik von "Fridays for Future" am 24. September hatte das Netzwerk "Youth Advocates for Climate Action Philippines" zu einer Demonstration an dem konstruierten Strand in Manila aufgerufen, der regelmäßig von Wind und Wellen weggespült und von der Stadtverwaltung immer wieder neu aufgeschüttet wird. "Wenn ich 50 bin, wird diese Gegend wahrscheinlich unter Wasser stehen", sagte ein 20-jähriger Demonstrant philippinischen Medien. "Das ist die Art von Problemen, denen sich meine Generation gegenübersieht."

Doch der philippinische Präsident Rodrigo Duterte ist mehr an wirtschaftlicher Entwicklung als an Umwelt- und Klimaschutz interessiert. "Einmal mehr stellt die Regierung Partikularinteressen und Profit über das Leid der Menschen und die Ökologie", kritisierte zuletzt Caritas-Chef Bischof Jose Collin Bagaforo die Kündigung des neun Jahre alten Moratoriums über die Vergabe neuer Bergbaulizenzen durch Duterte. Zur "Laudato si"-Woche" im Mai rief Bischof Gerardo Alminaza dazu auf, Klimapolitik bei der Präsidenten- und Parlamentswahl im Mai 2022 zu einem wesentlichen Kriterium bei der Stimmabgabe zu machen. "Das ist kein Klimanotstand mehr, das ist bereits eine Klimakrise", so Alminaza.

Ob die philippinischen Wähler auf die Bischöfe hören werden, bleibt abzuwarten. Duterte, dem die Verfassung eine zweite Amtszeit verwehrt, ist extrem populär - während der traditionell große gesellschaftspolitische Einfluss der Kirche abnimmt. Aktuell liegt Ferdinand Marcos (64), Sohn des gleichnamigen Ex-Diktators (1917-1989) und enger Verbündeter Dutertes, in den Umfragen vorn.


Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA