Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper sieht den Suizid als eine Herausforderung für die Kirche. Deren Aufgabe könne aber nicht Sterbehilfe im Sinn der Suizidhilfe sein, sondern nur Sterbebegleitung "auf dem Weg einer menschenwürdigen Ausgestaltung der letzten irdischen Lebensphase", schreibt Kasper in einem vorab veröffentlichten Beitrag für die in Würzburg erscheinende Wochenzeitung "Die Tagespost". Er widersprach damit dem Hannoveraner Landesbischof Ralf Meister. Dieser hatte sich auf das von Gott gegebene Selbstbestimmungsrecht des Menschen berufen und damit für ein Recht auf Selbsttötung plädiert.
Kasper wiederum tritt dafür ein, dass die Kirche besser die palliative Therapie, die Hospizarbeit, die karitativen und diakonischen Beratungsdienste sowie die Telefonseelsorge ausbauen und intensivieren solle. Die Pfarreien könnten zudem soziale Kontakte organisieren und durch Besuchsdienste alleinstehenden, alten, kranken und psychisch belasteten Menschen aus ihrer Isolation heraushelfen.
Dies ist nach den Worten des Kardinals das Gegenteil der vorgeschlagenen staatlichen Suizid-Beratung. Eine solche würde den Suizid zu einer normalen gesellschaftlichen Option machen, was wie "wie ein Brandbeschleuniger" wirken könne. Zugleich lehnte der Kirchenmann die Forderung ab, der Arzt müsse Suizidhelfer sein. Dies wäre die strikte Verkehrung des ärztlichen Berufsethos, Helfer und Heiler des Lebens zu sein, wie Kasper schreibt. Die Kirchen hätten aber, räumt Kasper ein, sehr wohl Anlass, intensiv nachzudenken über ihre seelsorgliche Betreuung der alten, schwerkranken und sterbenden Menschen. (kna)
03.09.2020
Redebedarf: Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat sich besorgt über unterschiedliche Auffassungen in seiner und der evangelischen Kirche zur Frage der Zulässigkeit des assistierten Suizids geäußert.
Er habe "ökumenisch hohen Gesprächsbedarf", sagte der Limburger Bischof am Donnerstag in Berlin. Er verwies dabei auf den evangelischen hannoverschen Bischof Ralf Meister, der sich für die Möglichkeit ärztlicher Hilfe bei der Selbsttötung ausgesprochen hatte.
Nicht auseinander dividieren lassen
Bätzing sagte, in dieser Frage seien die beiden großen Kirchen bislang "fast mit einer Stimme" aufgetreten. Er wolle, dass es dabei bleibe. Er wisse auch, dass der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, ein hohes Interesse daran habe, "dass wir nah beieinander bleiben", sagte Bätzing und ergänzte: "Wir dürfen uns nicht leicht auseinander dividieren lassen."
Das Bundesverfassungsgericht hatte das seit 2015 geltende Verbot organisierter Beihilfe zum Suizid gekippt. Es sollte verhindern, dass Sterbehilfeorganisationen, aber auch Ärzte wiederholt Sterbewilligen bei der Selbsttötung unterstützen, beispielsweise durch die Überlassung von Medikamenten. Beide Kirchen hatten 2015 das Verbot organisierter Suizidassistenz unterstützt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts hatte die EKD ihre Position überarbeitet.
Kritik am Urteil des Bundesverfassungsgerichts
Darin heißt es nun auch, dass "Grenzfälle", die keinen anderen Ausweg als die Selbsttötung für sich sehen, nicht allein gelassen werden dürften. Der hannoversche Bischof Meister wurde deutlicher, indem er nach dem Urteil wiederholt sagte, es gebe ein Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben. Zuletzt sagte Meister zudem, er könne sich den assistierten Suizid auch in kirchlichen Einrichtungen vorstellen.
Bischof Bätzing kritisierte dagegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Urteilsbegründung lege nahe, dass Menschenwürde und Selbstbestimmung rein individualistisch zu deuten wären, sagte er. Er könne sich nicht vorstellen, "dass es assistierten Suizid in unserem Land gibt". Dass es Suizidbeihilfe in katholischen Einrichtungen gibt, sei momentan "undenkbar", ergänzte der Vorsitzende der Bischofskonferenz.
Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper sieht den Suizid als eine Herausforderung für die Kirche. Deren Aufgabe könne aber nicht Sterbehilfe im Sinn der Suizidhilfe sein, sondern nur Sterbebegleitung "auf dem Weg einer menschenwürdigen Ausgestaltung der letzten irdischen Lebensphase", schreibt Kasper in einem vorab veröffentlichten Beitrag für die in Würzburg erscheinende Wochenzeitung "Die Tagespost". Er widersprach damit dem Hannoveraner Landesbischof Ralf Meister. Dieser hatte sich auf das von Gott gegebene Selbstbestimmungsrecht des Menschen berufen und damit für ein Recht auf Selbsttötung plädiert.
Kasper wiederum tritt dafür ein, dass die Kirche besser die palliative Therapie, die Hospizarbeit, die karitativen und diakonischen Beratungsdienste sowie die Telefonseelsorge ausbauen und intensivieren solle. Die Pfarreien könnten zudem soziale Kontakte organisieren und durch Besuchsdienste alleinstehenden, alten, kranken und psychisch belasteten Menschen aus ihrer Isolation heraushelfen.
Dies ist nach den Worten des Kardinals das Gegenteil der vorgeschlagenen staatlichen Suizid-Beratung. Eine solche würde den Suizid zu einer normalen gesellschaftlichen Option machen, was wie "wie ein Brandbeschleuniger" wirken könne. Zugleich lehnte der Kirchenmann die Forderung ab, der Arzt müsse Suizidhelfer sein. Dies wäre die strikte Verkehrung des ärztlichen Berufsethos, Helfer und Heiler des Lebens zu sein, wie Kasper schreibt. Die Kirchen hätten aber, räumt Kasper ein, sehr wohl Anlass, intensiv nachzudenken über ihre seelsorgliche Betreuung der alten, schwerkranken und sterbenden Menschen. (kna)