Einer Studie von 2017 zufolge ist die Zahl der Fluginsekten in Teilen Deutschlands erheblich zurückgegangen. In den vergangenen 27 Jahren nahm die Gesamtmasse um mehr als 75 Prozent ab, berichten Wissenschaftler im Fachmagazin "PLOS ONE".
Caspar Hallmann von der Radboud University in Nijmegen und seine Mitarbeiter hatten Daten ausgewertet, die seit 1989 vom Entomologischen Verein Krefeld gesammelt worden waren, also von ehrenamtlichen Insektenkundlern. Diese hatten in insgesamt 63 Gebieten mit unterschiedlichem Schutzstatus in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und in Brandenburg mit Hilfe von Fallen Fluginsekten gesammelt und deren Masse bestimmt. Welche Arten in den Fallen landeten, untersuchten die Forscher nicht.
Sie verglichen dann, wie sich in einzelnen Lebensräumen - etwa in Heidelandschaften, Graslandschaften oder auf Brachflächen - die Biomasse über die Zeit verändert hatte. Insgesamt landeten 53,54 Kilogramm wirbellose Tiere in den Fallen - Millionen Insekten. Die Auswertung zeigte, dass der Verlust in der Mitte des Sommers - wenn am meisten Insekten herumfliegen - am größten war: knapp 82 Prozent. "Ein Schwund wurde bereits lange vermutet, aber er ist noch größer als bisher angenommen", sagte Erstautor Hallmann.
Um dem Bienensterben in Europa entgegen zu wirken, will die EU-Kommission den Einsatz dieser Pestizide im Freiland verbieten. Ende April 2018 stimmt der zuständige EU-Ausschuss darüber ab. Forscher sind sich allerdings uneins, ob die Pestizide für ein Bienensterben verantwortlich gemacht werden können.
20.04.2018
Die zur Schädlingsbekämpfung eingesetzten Neonicotinoide sollen für Bienen schädlich sein. Um dem Bienensterben in Europa entgegenzuwirken, will die EU-Kommission den Einsatz dieser Pestizide verbieten. Ein Wissenschaftler hält das für Blödsinn.
DOMRADIO.DE: Vom Bienen- und Insektensterben ist seit Jahren immer wieder die Rede. Was hat es damit auf sich?
Dr. Gerhard Liebig (Bienen-Wissenschaftler): Es gibt weder das Bienen- noch das Insektensterben, das Honigbienensterben überhaupt nicht. Bei den Wildbienen ist es zumindest anzuzweifeln. Das Insektensterben wird weit übertrieben dargestellt.
DOMRADIO.DE: Aber es werden doch immer weniger Insekten gezählt, wo sind die denn alle? Es gibt ja viele Studien dazu.
Liebig: Diese Studien sind zu hinterfragen. Da wird zum Ausdruck gebracht, dass bei Freilanduntersuchungen weniger Insekten gefunden wurden - es wurde aber ein lokaler Rückgang an einem Ort von 85% auf ganz Deutschland übertragen und das ist schlichtweg Blödsinn. Hauptursache für ein Völkersterben im Winter ist eine unzureichende Bekämpfung von Parasiten. Die Anwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel nach Vorschrift verursacht kein Bienensterben.
DOMRADIO.DE: Die Insektizide, um die es nun geht – die Neonicotinoide – töten aber doch Nützlinge wie Bienen, oder nicht? Die EU-Kommission will nun den Einsatz dieser Pestizide im Freiland verbieten.
Liebig: Das ist auch falsch dargestellt. Die Behauptung, dass Neonicotinoide ganze Bienenvölker dahinraffen, das ist Quatsch. Es gibt im Pflanzenschutz bienengefährliche und bienenungefährliche Mittel. Die ungefährlichen dürfen auch in die Blüte gespritzt werden von Raps, Mais oder anderen Pflanzen, die von Bienen beflogen werden. Die gefährlichen Mitttel dürfen nur so ausgebracht werden, dass sie den Bienen nicht gefährlich werden. In der Landwirtschaft achtet man da streng drauf. Pflanzenschutz wird bei uns so praktiziert, dass die Bienen eigentlich nicht gefährdet sind.
Und bei den Bienen gilt, was bei den Menschen auch gilt: Die Dosis macht das Gift. Wenn ein Bienenvolk ein Rapsfeld befliegt, das mit Neonicotinoiden gebeizt ist, und der Wirklstoff dann in Nektar und Pollen zu finden ist, wirkt sich das nicht negativ auf das Verhalten der Bienen und auch nicht auf die Volksentwicklung aus.
DOMRADIO.DE: Was ist denn prinzipiell daran falsch, weniger Gifte zu versprühen?
Liebig: Ohne Pflanzenschutz ist die Produktion von gesunden Lebens- und Futtermitteln in ausreichender Menge nicht möglich. Pflanzenschutz muss sein und so, wie er in Deutschland angewendet wird, leiden die Bienen nicht darunter. Das gilt auch EU-weit.
Das Interview führte Dagmar Peters.
Einer Studie von 2017 zufolge ist die Zahl der Fluginsekten in Teilen Deutschlands erheblich zurückgegangen. In den vergangenen 27 Jahren nahm die Gesamtmasse um mehr als 75 Prozent ab, berichten Wissenschaftler im Fachmagazin "PLOS ONE".
Caspar Hallmann von der Radboud University in Nijmegen und seine Mitarbeiter hatten Daten ausgewertet, die seit 1989 vom Entomologischen Verein Krefeld gesammelt worden waren, also von ehrenamtlichen Insektenkundlern. Diese hatten in insgesamt 63 Gebieten mit unterschiedlichem Schutzstatus in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und in Brandenburg mit Hilfe von Fallen Fluginsekten gesammelt und deren Masse bestimmt. Welche Arten in den Fallen landeten, untersuchten die Forscher nicht.
Sie verglichen dann, wie sich in einzelnen Lebensräumen - etwa in Heidelandschaften, Graslandschaften oder auf Brachflächen - die Biomasse über die Zeit verändert hatte. Insgesamt landeten 53,54 Kilogramm wirbellose Tiere in den Fallen - Millionen Insekten. Die Auswertung zeigte, dass der Verlust in der Mitte des Sommers - wenn am meisten Insekten herumfliegen - am größten war: knapp 82 Prozent. "Ein Schwund wurde bereits lange vermutet, aber er ist noch größer als bisher angenommen", sagte Erstautor Hallmann.
Um dem Bienensterben in Europa entgegen zu wirken, will die EU-Kommission den Einsatz dieser Pestizide im Freiland verbieten. Ende April 2018 stimmt der zuständige EU-Ausschuss darüber ab. Forscher sind sich allerdings uneins, ob die Pestizide für ein Bienensterben verantwortlich gemacht werden können.