Wissenschaftler hält Insektizit-Verbot für unnötig

"Es gibt kein Honigbienensterben"

Die zur Schädlingsbekämpfung eingesetzten Neonicotinoide sollen für Bienen schädlich sein. Um dem Bienensterben in Europa entgegenzuwirken, will die EU-Kommission den Einsatz dieser Pestizide verbieten. Ein Wissenschaftler hält das für Blödsinn.

 (DR)

DOMRADIO.DE: Vom Bienen- und Insektensterben ist seit Jahren immer wieder die Rede. Was hat es damit auf sich?

Dr. Gerhard Liebig (Bienen-Wissenschaftler): Es gibt weder das Bienen- noch das Insektensterben, das Honigbienensterben überhaupt nicht. Bei den Wildbienen ist es zumindest anzuzweifeln. Das Insektensterben wird weit übertrieben dargestellt.

DOMRADIO.DE: Aber es werden doch immer weniger Insekten gezählt, wo sind die denn alle? Es gibt ja viele Studien dazu.

Liebig: Diese Studien sind zu hinterfragen. Da wird zum Ausdruck gebracht, dass bei Freilanduntersuchungen weniger Insekten gefunden wurden - es wurde aber ein lokaler Rückgang an einem Ort von 85% auf ganz Deutschland übertragen und das ist schlichtweg Blödsinn. Hauptursache für ein Völkersterben im Winter ist eine unzureichende Bekämpfung von Parasiten. Die Anwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel nach Vorschrift verursacht kein Bienensterben.

DOMRADIO.DE: Die Insektizide, um die es nun geht – die Neonicotinoide – töten aber doch Nützlinge wie Bienen, oder nicht? Die EU-Kommission will nun den Einsatz dieser Pestizide im Freiland verbieten.

Liebig: Das ist auch falsch dargestellt. Die Behauptung, dass Neonicotinoide ganze Bienenvölker dahinraffen, das ist Quatsch. Es gibt im Pflanzenschutz bienengefährliche und bienenungefährliche Mittel. Die ungefährlichen dürfen auch in die Blüte gespritzt werden von Raps, Mais oder anderen Pflanzen, die von Bienen beflogen werden. Die gefährlichen Mitttel dürfen nur so ausgebracht werden, dass sie den Bienen nicht gefährlich werden. In der Landwirtschaft achtet man da streng drauf. Pflanzenschutz wird bei uns so praktiziert, dass die Bienen eigentlich nicht gefährdet sind.

Und bei den Bienen gilt, was bei den Menschen auch gilt: Die Dosis macht das Gift. Wenn ein Bienenvolk ein Rapsfeld befliegt, das mit Neonicotinoiden gebeizt ist, und der Wirklstoff dann in Nektar und Pollen zu finden ist, wirkt sich das nicht negativ auf das Verhalten der Bienen und auch nicht auf die Volksentwicklung aus.

DOMRADIO.DE: Was ist denn prinzipiell daran falsch, weniger Gifte zu versprühen?

Liebig: Ohne Pflanzenschutz ist die Produktion von gesunden Lebens- und Futtermitteln in ausreichender Menge nicht möglich. Pflanzenschutz muss sein und so, wie er in Deutschland angewendet wird, leiden die Bienen nicht darunter. Das gilt auch EU-weit.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR