Welche Rolle spielen Theologinnen in der Wissenschaft?

"Hinein in das Herz von Kirche"

Welche Rolle spielen Frauen in der Theologie an deutschen Universitäten? Margit Eckholt ist Professorin für Dogmatik in Osnabrück und Vorsitzende des Forum katholischer Theologinnen. Sie meint: Fragen von Frauen gehören hinein in das Herz von Kirche.

Theologiestudentinnen / © Cristian Gennari (KNA)
Theologiestudentinnen / © Cristian Gennari ( KNA )

Hinweis: Hier finden Sie alle Inhalte der Blickpunkt-Woche "Frauen in der Kirche".

DOMRADIO.DE: Exotinnen sind Theologinnen an deutschen Universitäten schon lange nicht mehr. Welches Standing haben Frauen heute im Fachbereich katholische Theologie?

Prof. Dr. Margit Eckholt (Erste Vorsitzende AGENDA - Forum katholischer Theologinnen e.V.): Wir sind ungefähr 50 Theologinnen an den unterschiedlichen theologischen Instituten. Wir haben in der Wissenschaft auf der Ebene der universitären Ausbildung von Theologinnen und Theologen ein sehr gutes Standing. Wir sind vertreten auf Ebene des katholischen theologischen Fakultätentages. Wir sind als Theologinnen auch Vorsitzende von verschiedensten theologischen Fachgemeinschaften. Wir sind auch im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft katholische Dogmatik und Fundamentaltheologie. Auf verschiedenen Ebenen sind also Theologinnen mittlerweile gut verankert. Sie haben ein Ansehen auch im Rahmen der Theologie als Wissenschaft errungen. Und da spielen natürlich auch die Perspektiven von Frauen auf Kirche eine Rolle: Wie glauben Frauen aus ihren biografischen Zusammenhängen heraus? Wie sprechen wir von Gott, welchen Zugang haben wir zu dem, was Kirche ist? All das ist sichtbar geworden in den letzten Jahren.

DOMRADIO.DE: Ein gutes Standing sagen sie. Aber welche Rolle spielt dabei die Tatsache, dass die höchsten katholischen Entscheidungsfunktionen bis heute Klerikern und damit ausschließlich Männern vorbehalten sind?

Eckholt: Das ist natürlich ein Punkt, weil die Lehrberechtigung, das Nihil Obstat, ja von der zuständigen Stelle in Rom kommt. Das macht es allen, die sich für Fragen der Reform von Kirche engagieren, schwer. An diesen Entscheidungsstellen sind bislang keine Frauen präsent. Und das ist der Punkt, warum auch unsere deutsche Ortskirche davon spricht, Frauen in Führungspositionen hineinzunehmen. Das befürwortet ja auch er Papst. Wichtig ist, dass in der Zukunft Frauen mit ihren Kompetenzen als Theologinnen in die unterschiedlichen Disziplinen und Gremien hineinkommen, auf Ebene von Ortskirchen. Aber natürlich auch auf Ebene der Entscheidungen, die in Rom getroffen werden, um hier ihre Perspektive einbringen zu können. Sonst werden nämlich immer von oben Entscheidungen über Frauen getroffen, ohne dass die Frauen selbst zu Wort kommen können.

DOMRADIO.DE: Bis zum Jahr 2023 möchten die deutschen Bischöfe eine Frauenquote von 30 Prozent erreichen. Ist das in Ihren Augen sinnvoll?

Eckholt: Es ist auf jeden Fall sinnvoll, damit Frauen auf unterschiedlichen Ebenen der deutschen Ortskirche, in den Ordinariaten und dort, wo Entscheidungen im Blick auf das Kirchenrecht getroffen werden, vertreten sind. Das gilt auch auf der Ebene von Pastoralplanungen. Wir haben doch gelernt von den Ansätzen einer feministischen Theologie, die eine Befreiungstheologie ist, wie sie in den 70er Jahren entstanden ist. Heute sprechen wir von einer gendertheoretisch ausgerichteten Theologie. Das heißt, die Fragen von Frauen sind nicht Fragen einer feministischen Theologie am Rande von Theologie und Kirche. Sie gehören hinein in das Herz von Kirche! Wir wollen ausgehend vom Ansatz der systematischen Theologie vom Zweiten Vatikanischen Konzil - hier im Sinne einer partizipativen Kirche, in der Männer und Frauen gemeinsam an den Grundfragen heutiger Zeit arbeiten - Wege gemeinsam bereiten im Blick auf den notwendigen Strukturwandel. In diesem Sinne sollten sich auch zukünftige Priester, aber auch Lehrer und Lehrerinnen, die wir ja an Fakultäten ausbilden, auseinandersetzen mit den Fragen, die eine feministische Theologie vorbereitet hat.

Das beinhaltet auch die Frage nach Ämtern und Diensten in der Kirche im Sinne von Gendergerechtigkeit; aber auch Fragen danach, wie wir von Gott sprechen und nach pastoralen biografisch orientierten Formen Kirche zu leben, Sakramente zu gestalten. Da sind Männer und Frauen, Klerus und Laien gemeinsam unterwegs. Das ist unser Wunsch im Blick auf diese Frauenquote.

Das Interview führte Tobias Fricke.


Quelle:
DR