Warum der Papst ein universelles Grundeinkommen fordert

Weniger arbeiten, mehr leben

Papst Franziskus hat sich erneut für die Einführung eines universellen Grundeinkommens ausgesprochen. Ebenfalls sieht er kürzere Arbeitszeiten im Fokus. Die Katholische Arbeitnehmerbewegung erläutert die Ideen.

Mit dem Grundeinkommen könnte jeder Mensch in Würde leben / © megaflopp (shutterstock)
Mit dem Grundeinkommen könnte jeder Mensch in Würde leben / © megaflopp ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Der Papst fordert also ein bedingungsloses Grundeinkommen, damit jeder Mensch Zugang zu den grundlegendsten Dingen hat. So hat er das formuliert. Für wie realistisch halten Sie diese Forderung?

Winfried Gather (Katholische Arbeitnehmerbewegung, KAB, im Erzbistum Köln): Wir halten es zum einen für eine Perspektive und eine Vision für uns. Die Idee des Papstes ist ein Konzept, das wir für ein würdevolles Miteinander, Leben und Arbeiten gut gebrauchen können: Wie können wir es schaffen, dass Menschen nicht nur von Erwerbsarbeit leben können, sondern wie kann die Work-Life-Balance gut austariert werden? Können wir Arbeit schaffen und gleichzeitig unsere Umgebung humanisieren? In den Worten des Papstes: "Durch die Bereitstellung eines universellen Grundeinkommens befreien und befähigen wir die Menschen in würdiger Weise für die Gemeinschaft zu arbeiten." Das ist so seine Idee, die er mit dem Grundeinkommen verbindet.

DOMRADIO.DE: Welches Modell fordern Sie als KAB?

Gather: Die KAB ist seit 2007 dabei, das Modell eines garantierten Grundeinkommens zu vertreten. Und da kommen zu diesem Grundeinkommen, das sind bei uns knapp 1000 Euro für Erwachsene und knapp 600 Euro für Jugendliche, ein Wohngeldanspruch und ein lebenslanger Zuschuss, zum Beispiel für chronisch Kranke, Alleinerziehende und so weiter. Also das sorgt dann natürlich für mehr Gerechtigkeit.

DOMRADIO.DE: Der Papst hat sich jetzt neben dem Grundeinkommen auch für eine Verkürzung der Arbeitszeit ausgesprochen. Er hat gesagt, viele Menschen seien überarbeitet, während andere gar keine Arbeit hätten, und mit einer Verkürzung würden dann eben Kapazitäten frei, um neue Stellen zu schaffen, so der Papst. Wäre das in Ihren Augen eine gute Lösung?

Gather: Das verbinden wir mit dem Grundeinkommen, das wir auch über Arbeitszeitverkürzung nachdenken müssen. Und unsere Erfahrungen zeigen, dass wenn es ein Grundeinkommen gäbe, die allermeisten Menschen gerne weiterarbeiten würden, aber zu anderen Bedingungen: Weniger arbeiten, mehr Zeit für Familie, Erziehung, Weiterbildung oder für Hobbies. Das würde natürlich gleichzeitig dazu führen, dass es mehr Stellen gäbe.

DOMRADIO.DE: Wie könnte dann eine gerechte Finanzierung aussehen?

Gather: Wir setzen zum einen tatsächlich auf mehr Beteiligung von den Schultern, die mehr tragen können. Also höhere Einkommenssteuer, Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer und so weiter. Bei einem Grundeinkommen würden aber auch viele andere Leistungen wie Kindergeld und Arbeitslosengeld II entfallen. Denn dafür gäbe es ja dann das Grundeinkommen. Von daher halten wir eine Finanzierung für möglich. Deswegen setzt unser Modell mit diesen Summen von knapp 1000 bzw. 600 Euro auch sehr weit unten an, weil wir die Finanzierung eines Grundeinkommens auch für wichtig halten.

Das Interview führte Hannah Krewer.


Quelle:
DR