Kardinal Tagle über die jüngste Papst-Enzyklika

"Mit den Augen der Armen lesen"

Anfang Oktober wurde die jüngste Papst-Enzyklika "Fratelli tutti" veröffentlicht. Um diese richtig zu verstehen, muss man sie nach Aussage von Kurienkardinal Luis Antonio Tagle "mit den Augen der Armen und Ausgeschlossenen lesen".

Papst Franziskus blättert in einer Enzyklika / © Stefano dal Pozzolo/Pool Vatican/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus blättert in einer Enzyklika / © Stefano dal Pozzolo/Pool Vatican/Romano Siciliani ( KNA )

Eine Lektüre "von oben herab" werde dem Dokument nicht gerecht, so der Leiter der vatikanischen Missionskongregation am Dienstag bei einem Online-Seminar der Weltunion katholischer Frauenverbände (WUCWO) in Rom.

Als eine mögliche Reaktion auf das Anfang Oktober veröffentliche Papstschreiben "über Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft" empfahl Tagle, etwa Geschichten von Frauen zu sammeln, "die gelitten und sich trotzdem nicht gegenüber anderen verschlossen haben". Er kenne vieler solcher Erlebnisse und Erfahrungen. In diesen finde er "die Wahrheit von 'Fratelli tutti' bestätigt".

Keine romantisch-utopische Sichtweise

Dem Papst gehe es unter anderem darum Gewalt, Ungerechtigkeit und Abschottung mit dem Blickwinkel des christlichen Glaubens zu betrachten und so vor allem liebend für andere Menschen offen zu sein, so der philippinische Kurienkardinal weiter. Dies sei keine romantisch-utopische Sichtweise.

Entscheidend für die Lektüre der Enzyklika seien letztlich konkrete Reaktionen. Ohne sich mit konkreten Menschen abzugeben, habe Begeisterung für hehre Ziele von Solidarität und Gerechtigkeit keinen Wert. In diesem Sinne bedeutet universale Solidarität nach Tagles Aussage keine weltweite Einheitskultur, sondern eine Anerkennung örtlicher Kulturen und Besonderheiten.

Privateigentum, so der Kardinal weiter, sei ein schützenswertes, aber kein absolutes Gut. "Auch wenn ich mein Eigentum ehrlich erworben habe, muss ich davon abgeben, wenn es das Gemeinwohl erfordert".


Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema