Im Konflikt um die Malteser geht es nicht nur um den Orden

Der Stellvertreterkrieg

Der Großmeister ist zurückgetreten, der Großkanzler wiedereingesetzt. Doch ein Ende des Konflikts um den Malteserorden scheint nicht absehbar. Denn es geht um mehr: den Papst und seinen Reformkurs.

Autor/in:
Thomas Jansen
Papst Franziskus empfängt Vertreter des Malteserordens / © Riccardo Musacchio (KNA)
Papst Franziskus empfängt Vertreter des Malteserordens / © Riccardo Musacchio ( KNA )

Albrecht von Boeselager ist als Großkanzler des Malteserordens wieder in Amt und Würden. Großmeister Matthew Festing musste seinen Hut nehmen. Der Bösewicht hat seine verdiente Strafe bekommen, der zu Unrecht Beschuldigte wurde rehabilitiert. Dass die Krise des geistlichen Ritterordens damit jedoch beendet ist, glaubt niemand in Rom - unabhängig davon, ob er diese Lesart der Ereignisse teilt oder nicht.

Denn längst geht es in dem Malteser-Streit nicht mehr nur um die Amtsenthebung Boeselagers und die Verteilung von Kondomen in Myanmar, die der Großmeister seinem Großkanzler vorwarf. Und auch nicht nur um interne Machtkämpfe. Es geht um den Papst selbst und seinen kirchenpolitischen Reformkurs.

Konflikt um "Amoris laetitia"

Die Malteser-Krise ist zum Stellvertreterkrieg im Konflikt um das päpstliche Schreiben "Amoris laetitia" geworden. Der prominenteste und schärfste Kritiker des Papstes scheint in beiden Fällen derselbe zu sein: Kardinal Raymond Burke, der Kardinalpatron des Ordens. Der US-Amerikaner soll die treibende Kraft hinter der Amtsenthebung Boeselagers gewesen sein.

Franziskus hat das Heft des Handelns selbst in die Hand genommen. Bereits bevor sich der Souveräne Rat der Malteser am Samstag in der Ordensvilla auf dem Aventin-Hügel versammelte, waren die Würfel im vatikanischen Gästehaus Santa Marta gefallen. Dort forderte der Papst Festing in einer Audienz am Dienstag zum Rücktritt auf; der Großmeister gehorchte. Eine von Franziskus eingesetzte Untersuchungskommission war offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass Festings Vorwürfe gegen Boeselager unhaltbar waren. Am Mittwoch teilte der Vatikan den Amtsverzicht des Briten mit. Damit nicht genug: Er kündigte auch die Ernennung eines päpstlichen Sonderbeauftragten für den Orden an.

Vatikan-Entscheidung über von Boeselager

Auch über Boeselagers Zukunft hatte Rom bereits vor den Maltesern selbst entschieden: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin teilte der Ordensregierung am Mittwoch mit, dass alle Handlungen Festings ab dem 6. Dezember nichtig seien. An diesem Tag hatte er Boeselager seines Amtes enthoben. Damit war klar, dass der Deutsche wieder Großkanzler ist. Der Souveräne Rat des Malteserordens wurde damit zum ausführenden Organ des Papstes gemacht. Das soll für Verärgerung im Orden gesorgt haben; doch zumindest öffentlich gab es keine Kritik.

Franziskus-kritische ultrakonservative Medien und Internetblogs brandmarken das Eingreifen des Papstes als Verletzung der Souveränität des Ordens. Bereits die Einsetzung der vatikanischen Untersuchungskommission gilt ihnen als Verstoß gegen das Völkerrecht, zudem sei das Gremium parteiisch besetzt worden. Sie verweisen darauf, dass die Malteser ein eigenes Völkerrechtssubjekt seien und Festing somit den Rang eines Staatsoberhaupts habe. Ein Staatsoberhaupt aber könne ein anderes Staatsoberhaupt nicht absetzen. Boeselager und die deutschen Malteserritter erscheinen in dieser Lesart als liberale Franziskus-Jünger. Ihr Tenor lautet: Auch bei den Maltesern setzt Franziskus seinen Reformkurs mit der Brechstange durch. 

Dank für "besonnene Entscheidung"

Der Souveräne Rat hingegen dankte dem Papst ausdrücklich für seine "besonnenen Entscheidungen", die im "Respekt vor dem Orden" getroffen worden seien. Franziskus' Maßnahmen zielten darauf ab, die Souveränität der Malteser zu stärken, hieß es in der Mitteilung vom Samstag. Die demonstrative Hervorhebung der Eigenständigkeit des Ordens legt allerdings nahe, dass man sich darum durchaus ernste Sorgen macht.

Offiziell zurückgetreten ist bislang nur Festing. Doch de facto entmachtet wurde vom Papst auch dessen engster Verbündeter Kardinal Burke. Der ist nicht nur einer der vier Kardinäle, die vom Papst mehr Klarheit im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen fordern. Der 68-Jährige ist auch Kardinalpatron des Malteserordens. Der angekündigte päpstliche Sonderbeauftragte soll nach dem Willen von Franziskus eine «geistliche Erneuerung» des Ordens veranlassen.

Verantwortlich soll er vor allem für jene Mitglieder sein, die dem Papst Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobt haben. Eigentlich ist jedoch genau das Burkes Job als Kardinalpatron.


Raymond Burke  (KNA)
Raymond Burke / ( KNA )

Papst forderte Großmeister Robert Festing (l.) zum Rücktritt auf  / © Gabriel Bouys / Pool (dpa)
Papst forderte Großmeister Robert Festing (l.) zum Rücktritt auf / © Gabriel Bouys / Pool ( dpa )

Albrecht Freiherr von Boeselager bei einem Afrikabesuch (Archivbild) / © Pressestelle Malteser (KNA)
Albrecht Freiherr von Boeselager bei einem Afrikabesuch (Archivbild) / © Pressestelle Malteser ( KNA )
Quelle:
KNA