Mexikanische Menschenrechtler schreiben Brief an Franziskus

Hoffnung auf Treffen mit dem Papst

Papst Franziskus soll bei der Abschlussmesse seiner Mexikoreise Arbeiter und Opfer von Gewalttaten berücksichtigen. Das haben mexikanische Menschenrechtler in einem Brief an Franziskus gefordert.

Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko in Ciudad Juarez / © Jguadalupe Perez (dpa)
Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko in Ciudad Juarez / © Jguadalupe Perez ( dpa )

Vorgesehen ist die Messe des Papstes am 17. Februar 2016 in Ciudad Juarez an der Grenze zur USA. Die mexikanischen Menschenrechtler fordern in ihrem Schreiben, dass der Papst während der Messe nicht nur auf Migranten aufmerksam macht. Arbeiter der Fließbandfabriken, Kleinbauern, die Opfer von Gewalttaten sowie Angehörige ermordeter Frauen wünschten demnach ein Treffen mit dem Kirchenoberhaupt. Wie nie zuvor ein Papst lasse Franziskus sie seine Begleitung spüren und stärke ihre Hoffnung, heißt es in dem Brief, der am Mittwoch auf der spanischsprachigen Internet-Seite redescristianas.net veröffentlicht wurde und der die Organisatoren der Papstreise heftig kritisiert.

Ciudad Juarez sei Mexikos "Hauptstadt der Opfer" und aufgrund seiner vielzähligen sozialen Probleme der ideale Ort für Papst Franziskus, um die von ihm geforderte "Revolution der Zärtlichkeit" zu beginnen, steht in dem vom Soziologen Victor Quintana verfassten Schreiben. Der Pontifex solle dafür jedoch Gruppen wie jenen 90 Arbeitern Gehör schenken, die Mitte Dezember von der örtlichen Lexmark-Fabrik entlassen wurden, da sie für eine Gehaltserhöhung und gegen das Verbot einer Gewerkschaft protestiert hatten.

Kritik an Treffen mit Industriellen

Die Arbeiter der "Maquiladora"-Fertigungsbetriebe der Stadt würden oft nur 700 Pesos (ca. 37 Euro) Wochenlohn erhalten, hätten keine unabhängige Gewerkschaft, kaum Möglichkeiten der Kinderbetreuung, lange Anreisezeiten zum Arbeitsplatz bei schlechtem öffentlichem Verkehr sowie kleinste Wohnungen, erklärte Quintana. Dass die Papstreise-Organisatoren dem Antrag von Gruppen der Fließbandarbeiter auf eine Begegnung mit dem Papst in ihrer Stadt nicht entsprochen hätten, während jedoch ein Treffen zwischen Franziskus mit Industriellen in der Besuchsagenda vorgesehen ist, bezeichnete der Aktivist als empörend.

Auf den Papst hoffen jedoch auch die Hinterbliebenen der Frauenmorde, für die Ciudad Juarez bereits seit dem Jahr 1993 international traurige Berühmtheit erlangt hat. Die Gewaltwelle ist in den vergangenen Jahren noch angestiegen, mit über 10.000 Morden allein zwischen den Jahren 2008 und 2012, womit die Stadt mit ihren rund zwei Millionen Bewohnern als jene mit der weltweit höchsten Mordrate pro 100.000 Einwohner gilt. 1.437 Frauenmorde gab es in den vergangenen beiden Jahrzehnten, der Großteil davon wurde nie geklärt. Zumindest am im Gedenken an diese Opfer errichteten Mahnmal an der Stelle eines gefundenen Massengrabs für Frauen solle der Papst anhalten, so Quintanas Forderung.

400 kostenlose Eintrittskarten

Sich Gehör verschaffen will in Ciudad Juarez auch die Bauern-Protestbewegung "El barzon". Geplant sei von dieser Seite eine "Pilgerfahrt", bei der man den Papst mit Traktoren und Pferden begrüßen und mit Transparenten auf die Probleme am Land hinweisen werde, stellte der Aktivist in Aussicht. Schließlich werde der Kampf um die Menschenrechte in Mexiko oft durch massive Hürden der Bürokratie zerrieben - auf Seiten der Behörden wie auch bei den kirchlichen Stellen, erklärte er.

Dass die Messe am ehemaligen Messegelände von Ciudad Juarez - die freie Fläche liegt direkt zwischen einem Fußballstadion und dem Grenzzaun zur USA, hinter dem der Rio Bravo fließt - zu einem der Höhepunkte der Mexikoreise werden wird, darauf deuten auch die erwarteten Besuchermassen. Um diese zu steuern, hat die örtliche Erzdiözese 400 kostenlose Eintrittstickets für das Ereignis an jede der 85 Pfarren an der Grenze versandt, zitierte die Online-Zeitschrift "La Jornada" Bischof José Guadalupe Torres Campos, der von Papst Franziskus zum Leiter der Diözese bestellt worden war.

Gang zum Grenzzaun

Der Altar für den Gottesdienst in Ciudad Juarez kommt laut Angaben der Zeitung "Diario" indes aus der Schweiz: Die Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron sind demnach für die Gestaltung und den Bau verantwortlich, und hoffen auf lokale Unterstützung. Unternehmen aus der Region seien mit der Umsetzung beauftragt; die Steine für den Bau kämen aus dem benachbarten Gebirge Sierra de Juarez. Als Sakristei soll Franziskus eine Feuerwehrstation dienen.

Der grenzüberschreitende Gottesdienst wird auch von der Ortskirche auf der US-Seite wahrgenommen und beworben. Die Diözese der Partnerstadt El Paso im Bundesstaat Texas hat den Vatikan dazu gebeten, der Papst möge während der Messe auch zum Grenzzaun gehen und die Teilnehmer im Nachbarland grüßen.

Gottesdienst auf Autobahn

Bei der örtlichen Stadtbehörde von El Paso wurde indes die Schließung der parallel zur Grenze verlaufenden Autobahn beantragt - damit diese Fläche von den US-amerikanischen Gottesdienstbesuchern genutzt werden könne; bereits abzusehen ist, dass auch viele "Hispanics", die sich ohne Reisedokumente in den USA aufhalten und die folglich nicht in ihr Heimatland zurückkehren können, zur Begegnung mit dem ersten Papst aus Lateinamerika kommen werden.

Papst Franziskus bereist vom 12. bis 17. Februar 2016 Mexiko. Es ist sein vierter Besuch auf dem amerikanischen Kontinent nach Brasilien (2013), Ecuador, Paraguay und Bolivien (2015) sowie Kuba und USA (2015).


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