Pfarrer verteilt Ostertüten zum Mitnehmen

Gottesdienst aus der Wundertüte

Die Corona-Krise und das bevorstehende Osterfest machen Kirchen erfinderisch. Pfarrer Jörg Mosig stellt Wundertüten zusammen und hängt sie vor die Kirche an die Wäscheleine. Darin enthalten ist neben Gebeten und Texten auch etwas zu Lachen.

Gepackte Ostertüten für Jung und Alt (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben sich den "Gottesdienst aus der Wundertüte" ausgedacht. In den Wundertüten, die wir aus unserer Kindheit kennen, war meist etwas Süßes drin, etwas zum Lesen, was zum Spielen. Wie ist das bei Ihren Wundertüten. Was ist darin enthalten?

Jörg Mosig (Pfarrer der evangelischen Kirche St. Adrian in Heiligendorf, Wolfsburg): Was zum Lesen und was zum Spielen – wie Sie es gerade gesagt haben. Wir wollen Jung und Alt erreichen. Dadurch, dass wir jetzt keinen Gottesdienst feiern können, bringen wir eben die Gottesdienste in Wundertüten zu den Menschen. Es gibt darin die Predigt des Pastors, meditative Texte, Gebete, aber auch etwas für Kinder. Zum Beispiel sind das Bastelgeschichten und Malvorschläge.

Wir haben jetzt für die Tüte zu Ostern einen Wettbewerb ausgerufen für die Kinder: Kinder malen Ostern – und die ersten Bilder sind auch schon zurückgekommen. Jugendliche und Konfirmanden malen im Augenblick bunte Steine an, damit wir in die Wundertüten für jeden einen bunten Stein - einen Osterstein - einpacken können. Der Stein erinnert an den Stein vom Grab, der weggerollt ist. Der Stein kam ins Rollen, sozusagen.

DOMRADIO.DE: Und da sind auch Witze in den Tüten. Wie kommt das?

Mosig: Ich habe seit einigen Jahren das Osterlachen in meiner Gemeinde wieder aktiviert. Das heißt, ich muss zu Ostern so lange Witze erzählen, bis die Gemeinde lacht. Es geht um die befreiende Kraft der Osterbotschaft und das darf man auch spüren. Man darf den Tod sozusagen auslachen. Da es jetzt nicht persönlich geht, werden die Witze halt in die Wundertüte gepackt.

DOMRADIO.DE: Wie schnell haben Sie denn sonst die Gemeinde zum Lachen gebracht?

Mosig: In den ersten Jahren war das immer etwas irritierend, weil das völlig ungewohnt ist. Aber im Laufe der Jahre geht es immer schneller und manchmal helfen auch Blondinen- oder Brünettenwitze.

DOMRADIO.DE: Wie viel haben Sie sich herausgesucht?

Mosig: Ich habe die Gemeinde vor einigen Wochen schon gebeten, mir welche zukommen zu lassen. Ich nehme dann überwiegend die Witze, die von den Gemeindeglieder kommen.

DOMRADIO.DE: Und es ist Ihr Predigttext in der Tüte.

Mosig: Es wird eine Meditation zum Osterlachen geben, was die spirituelle Kraft des Lachens, des befreienden Lachens, betrifft. Darum soll es ja zu Ostern gehen, dass wir das Leben befreit feiern dürfen.

DOMRADIO.DE: Lassen Sie Corona ganz raus aus der Wundertüte?

Mosig: Darum geht es ja. Die Osterbotschaft ist stärker als alles, was uns an Leiden und Traurigkeit im Leben zugemutet wird. Da darf man auch natürlich Corona auslachen.

DOMRADIO.DE: Manche Menschen versuchen nach der Osternacht das Osterfeuer mit nach Hause zu nehmen. Wird es bei Ihnen überhaupt ein Osterfeuer geben in diesem Jahr?

Mosig: Wir haben in Sankt Adrian einen großen Kirchhof und die Wundertüten hängen auf dem Kirchhof. In jeder Wundertüte wird ein Osterlicht zu finden sein, das wir normalerweise im Gottesdienst entzünden würden. Der Vater eines Konfirmanden wird auf dem Kirchhof Osterlieder auf der Trompete spielen.

Die neue Osterkerze, die wir nicht im Gottesdienst weihen können, wird dann auf dem Kirchhof stehen. Die Leute, die die Wundertüte holen, können ihre Osterkerze auch an der großen Osterkerze der Kirche entzünden. Wir achten dabei dann natürlich auf den Abstand, das machen wir jetzt beim Eintüten auch so.

DOMRADIO.DE: Wie werden Sie persönlich dann die Osternacht verbringen? Oder halten Sie die erste Osternacht Ihres Lebens ohne Gemeinde in der leeren Kirche?

Mosig: Ich hatte mir ja schon heimlich vorstellen können, Ostern auf dem Sofa zu verbringen. Aber Sie glauben gar nicht: Diese Ostertüten-Aktion ist sehr arbeitsintensiv. Wir müssen sie auch ständig nachfüllen, die Texte neu kopieren und drucken. Ich habe in den letzten Sonntagen die meiste Zeit am PC verbracht.

DOMRADIO.DE: Sie werden die Osternacht also nicht in der Kirche verbringen und ohne Gemeinde feiern?

Mosig: Wir werden wahrscheinlich Ostern auch in der Kirche verbringen und werden das dann durch eine Videoschalte auf unsere Homepage stellen. 

Das Interview führte Dagmar Peters.


Quelle:
DR
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