Der Wechsel an der EKD-Spitze fällt in eine Zeit der Umbrüche

Wieder ein neuer Vorsitzender gesucht

Nikolaus Schneider hat mit seinem vorzeitigem Amtsverzicht für eine Lücke an der EKD-Spitze gesorgt. Im November tagt die Synode in Dresden; dann wird ein neuer Ratsvorsitzender bestimmt. Über Schneiders Nachfolge wird jetzt schon spekuliert.

Wer wird der nächste EKD-Ratsvorsitzende? / © Benedikt Plesker (KNA)
Wer wird der nächste EKD-Ratsvorsitzende? / © Benedikt Plesker ( KNA )

Mit dem Rücktritt zum 10. November ermöglicht der scheidende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, dem Rat und der Synode einen bruchlosen Übergang. Das Kirchenparlament kann bei seiner Sitzung in Dresden vom 9. bis 12. November einen Nachfolger in den Rat wählen, und dieser kann für das letzte Amtsjahr einen neuen Vorsitzenden bestimmen. Es ist dann bereits der dritte in der seit 2009 dauernden laufenden Amtsperiode der EKD-Leitungsorgane. Die seinerzeit mit großen Erwartungen gewählte Margot Käßmann trat bekanntlich nach nur vier Monaten zurück.

Bedford-Strohm, Bohl, Fischer oder Schmidt

Als Nachfolger könnte in Dresden der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (54) gewählt werden, der erst im vergangenen November in den Rat nachgerückt ist. Anders als der sächsische Landesbischof Jochen Bohl, der seit 2009 stellvertretender Ratsvorsitzender ist, böte er auch eine Perspektive über die laufende Amtsperiode hinaus, denn Bohl wird dem nächsten Rat aus Altersgründen ebensowenig angehören wie die beiden anderen leitenden Geistlichen Ulrich Fischer und Jann Schmidt, deren Nachfolger in den Landeskirchen bereits ihr Amt angetreten haben.

Zeit der Umbrüche

Der Wechsel erfolgt in einer Zeit der Umbrüche im deutschen Protestantismus. In den vergangenen fünf Jahren gab es in 15 der 20 Landeskirchen Wechsel bei den leitenden Geistlichen. In derselben Zeit verringerte sich die Zahl der Kirchenmitglieder um rund 1,5 Millionen auf jetzt noch 23,4 Millionen. Diese Zahl ist gewiss nicht auf das Wirken einzelner Personen zurückzuführen - anders als in der katholischen Kirche gab es bei den Protestanten nicht den großen Skandal, der sich unmittelbar in Kirchenaustritten niederschlug. Aber der vor allem demografisch zu erklärende Rückgang zeigt zugleich, dass der 2006 mit großem Elan gestartete Reformprozess der EKD nicht das erhoffte "Wachstum gegen den Trend" gebracht hat.

Heftige Diskussionen

Die laufende Amtszeit des Rates der EKD ist nicht nur von personellen Diskontinuitäten geprägt. Die Aktivitäten neben den "laufenden Geschäften" blieben überschaubar. Die im vergangenen Sommer veröffentlichte "Orientierungshilfe" zur Familienpolitik erwies sich nicht als Markstein, den sich die Autoren erhofft hatten, sondern führte zu einer heftigen inner- wie außerkirchlichen Diskussion. Auch der jüngste, im Mai vorgelegte "Grundlagentext" zum bevorstehenden Reformationsjubiläum 2017 stieß auf Kritik. Ob er in den Gemeinden besser ankommt, muss sich noch zeigen.

Die Gestaltung des Großereignisses selbst, das schnell näher rückt, ist die Hauptaufgabe auf EKD-Leitungsebene für die nächsten Jahre.

Gegen den "Lutherkult"

Bisher wurden vor allem die äußeren Rahmenbedingungen fixiert - ein Kirchentag in Berlin mit Abschlussgottesdienst in Wittenberg, begleitet von sechs regionalen "Kirchentagen auf dem Weg" in Erfurt, Jena, Magdeburg, Dessau, Halle sowie Leipzig, eine "Weltausstellung der Reformation" in und um Wittenberg und dezentrale Abschlussfeiern am 31. Oktober 2017. Nicht nur Katholiken fragen sich allerdings, mit welchen Inhalten die Feiern gefüllt werden und ob sich nicht am Ende doch ein "Lutherkult" ergibt, der von der EKD erklärtermaßen nicht angestrebt wird.

Wer dient der Ökumene am besten?

Es wird nicht zuletzt auf den künftigen Ratsvorsitzenden ankommen, hier Akzente zu setzen. Bedford-Strohm wäre dies zuzutrauen. Beim Katholikentag in Regensburg sagte er Ende Mai, das Reformationsjubiläum solle nicht als "protestantisches Jubelfest", sondern in ökumenischem Geist als "großes Christusfest" gefeiert werden. Der Huber-Schüler Bedford-Strohm hätte auch - räumlich wie sachlich - einen "kurzen Draht" zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, dem Münchner Kardinal Reinhard Marx, mit dem zusammen er bereits die jüngste Sozialinitiative der beiden Kirchen verantwortet hat.

Ob der seit November 2011 amtierende bayerische Landesbischof allerdings an die Spitze der EKD rückt, ist angesichts der oft überraschenden Wahlentscheidungen protestantischer Gremien noch keineswegs sicher. Zumal die Zusammensetzung der künftigen Synode und des von ihr gewählten Rates noch völlig offen ist.


Landesbischof Jochen Bohl (dpa)
Landesbischof Jochen Bohl / ( dpa )
Quelle:
KNA