Menschenrechtler: Islamistische Milizen misshandeln Jesidinnen

"Menschenverachtende Behandlung von Frauen"

Die Gesellschaft für bedrohte Völker berichtet von Übergriffen auf die religiöse Minderheit der Jesiden in der seit 2018 von der Türkei besetzten nordsyrischen Region Afrin. Frauen würden in in Gefängnissen festgehalten.

Jesidische Flüchtlinge / © Stefanie Järkel (dpa)
Jesidische Flüchtlinge / © Stefanie Järkel ( dpa )

Während der Kämpfe zwischen rivalisierenden pro-türkischen islamistischen Gruppen in der vergangenen Woche sei bekannt geworden, "dass die arabisch-sunnitische Hamzat-Miliz geheime Gefängnisse für Frauen in Afrin unterhält", teilte die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Göttingen mit.

Auf Bildern im Internet seien "fünf kurdische Frauen, darunter eine Jesidin", erkannt worden, die dort festgehalten würden, so Kamal Sido, Nahostexperte der GfbV: "Die pro-türkischen syrischen Islamisten betreiben stillschweigend eine Kampagne zur Vertreibung der jesidischen Bevölkerung Afrins. Sie entführen Frauen, töten Zivilisten und zerstören Häuser und Schreine."

Nadia Murad fordert internationale Untersuchung

Nadia Murad, jesidische Trägern des Friedensnobelpreises und UN-Sonderbotschafterin für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel, verurteilte die Misshandlungen. Sie forderte eine internationale Untersuchung über die "menschenverachtende Behandlung von Frauen" im ehemals autonomen Afrin.

Die internationale Gemeinschaft mache zu wenig auf diese Verbrechen aufmerksam. Nach der Besatzung durch die Türkei und syrische Islamisten seien die gesamte armenische Bevölkerung und die etwa 1.200 kurdisch-christlichen Gläubigen aus Afrin geflohen.

Hunderttausende Kurdinnen und Kurden auf der Flucht

Der Anteil der kurdischen Bevölkerung einschließlich der jesidischen, alevitischen und christlichen Teile sei von 96 auf unter 35 Prozent gesunken. Mindestens 300.000 Kurdinnen und Kurden seien auf der Flucht. Viele von Ihnen lebten in Lagern im Norden von Aleppo. Diese seien nahezu vollständig von der Außenwelt abgeschnitten.

Jesidische und alevitische Heiligtümer sowie kurdisch-muslimische Friedhöfe und historische Ruinen würden zerstört oder geplündert, ergänzte Sido. Jesidische Verbände weltweit forderten indes mehr Druck auf die Türkei, ihre Truppen und alle bewaffneten islamistischen Fraktionen aus Afrin und anderen Regionen in Nordsyrien abzuziehen.

"Humanitäre Hilfe muss anlaufen"

"Die ethnischen Säuberungen gegen die jesidische und andere Volksgruppen in der Region müssen enden", so Sido. UN-Ermittlungsteams müssten vor Ort die Situation bewerten und Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung dokumentieren. Zudem müsse in den betroffenen Gebieten und den Lagern die humanitäre Hilfe anlaufen.


Quelle:
KNA