Ruhrbischof würdigt verstorbene Theologin Ranke-Heinemann

Weltweit erste habilitierte Theologin

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat die verstorbene Theologin Uta Ranke-Heinemann gewürdigt. Sie habe aus einer kritischen und später distanzierten Haltung "die Kirche begleitet, betrachtet und beurteilt", erklärte Overbeck am Donnerstag in Essen.

Uta Ranke-Heinemann / © Bertold Fernkorn (KNA)
Uta Ranke-Heinemann / © Bertold Fernkorn ( KNA )

Dies und ihr Engagement für die Entwicklungspolitik, humanitäre Hilfe und die Friedensbewegung blieben ihm und vielen Zeitgenossen in Erinnerung. Die Kirchenkritikerin und Friedensaktivistin starb am Donnerstag im Alter von 93 Jahren. Auch habe er eine sehr herzliche Gastgeberin kennenlernen dürfen, so Overbeck. "Ihre Lebensgeschichte, über die sie sehr lebendig, authentisch und reflektiert erzählen konnte, habe sie als eine Frau gezeigt, die sehr sensibel Entwicklungen und Ereignisse wahrnimmt, gleichzeitig aber auch in der Lage ist, sich auf klare und streitbare Weise dazu zu positionieren."

Die Tochter des früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann habilitierte sich 1969 als weltweit erste Frau in katholischer Theologie und wurde ein Jahr später zur Professorin berufen. 1987 entzog der damalige Ruhrbischof Franz Hengsbach der Essener Theologin die Lehrbefugnis, nachdem sie das Dogma von der Jungfrauengeburt Jesu angezweifelt hatte.

Intelligente Kritikerin

In Büchern und Talkshows übte Ranke-Heinemann scharfe Kritik an der Kirche, insbesondere am Zölibat und der Sexualmoral. Als Pazifistin und Linke-Ikone startete sie auch politische Initiativen. So traf sie 1972 in Nordvietnam mit dem kommunistischen Ministerpräsidenten Pham Van Dong zusammen. Auch Kambodscha und Moskau waren Reiseziele. In den 80er Jahren brachte sie sich aktiv bei der Friedensbewegung ein. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen war sie Spitzenkandidatin der Splitterpartei "Friedensliste". Die PDS schickte sie 1999 für die Bundespräsidenten-Wahl ins Rennen.

Ranke-Heinemann wurde am 2. Oktober 1927 in Essen geboren - in eine evangelische Familie und als älteste Tochter des späteren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. "Mit Auszeichnung" machte sie ihr Abitur und studierte in Oxford, Bonn, Basel und Montpellier evangelische Theologie. 1953 konvertierte sie zum Katholizismus und studierte fortan in München katholische Theologie. Zu den Mitstudenten gehörte Joseph Ratzinger, der später Papst Benedikt XVI. wurde. In dieser Lebensphase heiratete sie den katholischen Religionslehrer Edmund Ranke, mit dem sie zwei Söhne hat und der 2001 starb.

Lehrte als Dozentin

Nach ihrer Promotion 1954 war Ranke-Heinemann Dozentin am Erzbischöflichen Katechetinnenseminar in Bonn und ab 1965 an der Pädagogischen Hochschule in Neuss. 1980 wurde sie an die Universität Duisburg und 1985 an die Universität Essen berufen. Nach dem Entzug der katholischen Lehrerlaubnis vertrat sie an der Universität Duisburg-Essen bis zu ihrer Emeritierung 1990 das Fach Religionsgeschichte.

Im neu aufgelegten Buch "Nein und Amen" bekundete sie 2002 verstärkte Glaubenszweifel. Der neue Untertitel "Mein Abschied vom traditionellen Christentum" offenbart Distanz zur Kirche. In Jesus sieht sie nur einen Menschen und keinen Gott. Und einem Gott, der am Kreuz "mit blutigen Händen" seinen einzigen Sohn opfert, könne sie nicht folgen.


Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA