In Dänemark droht Verbot nicht-dänischsprachiger Gottesdienste

Das Ende eines Privilegs?

In Dänemark soll in Zukunft nur noch auf Dänisch Gottesdienst gefeiert werden. Das Ziel: Vor allem in islamischen Gemeinden mehr Transparenz und Kontrolle schaffen. Das Gesetz trifft aber auch deutschsprachige christliche Gemeinden empfindlich.

Ein moderner Kirchturm mit der dänischen Flagge / © P. Qvist (shutterstock)
Ein moderner Kirchturm mit der dänischen Flagge / © P. Qvist ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie haben Sie denn auf die Ankündigung reagiert, dass es nur noch dänischsprachige Gottesdienste geben soll?

Dr. Rajah Scheepers (Evangelische Hauptpastorin der deutschsprachigen Sankt-Petri-Gemeinde in Kopenhagen): Ich muss zugeben, dass sowohl ich als Hauptpastorin als auch wir als Gemeinde doch ziemlich erschrocken waren. Denn tatsächlich ist es nicht erst seit vorgestern so, dass wir hier auf Deutsch predigen. Bereits im Jahr 1575 hat der damalige dänische König seinen deutschsprachigen Untertanen erlaubt, Gottesdienste in deutscher Sprache abzuhalten. Insofern genießen wir dieses Privileg und dieses Recht seit nahezu 425 Jahren. Es wäre jetzt doch etwas überraschend für uns, wenn das plötzlich abhandenkommen sollte.

DOMRADIO.DE: Spielt diese Ankündigung nur für Ihre Gemeinde eine Rolle?

Scheepers: Es gibt eine große Besorgnis, auch bei grönländischen und bei färöischen Gemeinden. Da haben jeweils auch die Abgeordneten im Folketing, also im dänischen Bundestag, nachgefragt, wie es denn dann mit Gottesdiensten auf grönländisch und Färöer aussieht. Die haben leider auch nicht die Antwort erhalten, dass sie in jedem Fall vor einem solchen Gesetz geschützt sind. Sie haben auch recht vage Antworten erhalten.

Insofern befinden wir uns da in einem großen Zusammenhang mit vielen anderen Menschen und anderssprachigen Gemeinden, auch mit den deutschsprachigen Gemeinden in Nordschleswig. Dort wird auch seit über 100 Jahren in deutscher Sprache gepredigt. Das sind Verabredungen, die immer wieder getroffen worden sind, zuletzt in der Bonn-Kopenhagen-Erklärung von 1955, dass die Minderheiten im jeweiligen Staat geschützt werden. Sowohl die dänische Minderheit in Deutschland als auch die deutsche Minderheit in Dänemark.

DOMRADIO.DE: Die dänische Regierung schlägt vor, dass Gottesdienste einfach übersetzt werden könnten, zum Beispiel von Dänisch auf Deutsch. Ist das praxistauglich?

Scheepers: Das wäre sehr umständlich, denn wir halten ja nicht nur sonntags unsere Gottesdienste, sondern wir haben auch Taufen, Trauungen und Beerdigungen unter der Woche. Wir halten Schulgottesdienste. Die Vorstellung, dass da jeweils ein Simultanübersetzer mit im Gottesdienst dabei ist und die Gottesdienste übersetzt, wäre doch sehr umständlich. Auch die Vorstellung, dass ich das im Vorhinein übersetze, wäre sehr unpraktisch.

Wir sind eben die deutschsprachige Gemeinde in der dänischen Volkskirche. Wir sind ein Teil der dänischen Volkskirche. Das Besondere an uns ist eben, dass wir die deutschsprachige Gemeinde der dänischen Volkskirche sind. Insofern gehört es mit zu unserem Wesenskern hinzu.

DOMRADIO.DE: Warum ist die deutsche Sprache in Dänemark überhaupt so wichtig?

Scheepers: Zum einen ist es so, dass seit mindestens 800 Jahren und seit noch längerer Zeit deutsche und deutschsprachige Menschen nach Dänemark einwandern und hier die Kultur im reichen Maße geprägt haben. Zum anderen ist es so, dass die deutsche Sprache auch im Alltag vieler Dänen immer noch eine Rolle spielt. Schließlich und nicht zuletzt theologisch betrachtet ist es natürlich so, dass Deutsch die Muttersprache der Reformation ist. Martin Luther hat auf Deutsch gepredigt.

Die Reformation hat einen deutschsprachigen Ursprung. Derjenige, der die Reformation hier in Dänemark eingeführt hat, mit dem König zusammen, das war ein deutschsprachiger Theologe, nämlich Johannes Bugenhagen. Wenn wir auf Deutsch unsere Gottesdienste halten, dann tun wir das nicht nur, weil wir das selbst so schön finden oder das so gemütlich ist, sondern weil wir damit das deutschsprachige Erbe der Reformation am Leben erhalten, in den Liedern, in den Predigten, in den Gebeten. 

Das Gespräch führte Julia Reck.


Quelle:
DR