US-Evangelikale wollen Christen in Syrien nicht im Stich lassen

Enttäuschung über Amerikas Rückzug

Donald Trumps Verbündete in der evangelikalen Welt sind enttäuscht über den angekündigten Abzug der US-Soldaten aus den Kurdengebieten in Syrien. Christliche Hilfsorganisationen wollen sich dennoch weiter engagieren.

Berge von Steinen liegen zwischen den Ruinen zerbombter Häuser am 16. Dezember 2018 in Aleppo (Syrien). / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Berge von Steinen liegen zwischen den Ruinen zerbombter Häuser am 16. Dezember 2018 in Aleppo (Syrien). / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Pastor Andrew Brunson kann es nicht fassen. Der Abzug der US-Truppen aus den Kurdengebieten in Syrien mache ihn "verzweifelt". Der Presbyterianer, der zwei Jahre in türkischer Haft und unter Hausarrest verbrachte, hält Donald Trumps Entscheidung, die US-Streitkräfte aus den Kurdengebieten in Syrien abzuziehen, für fatal. Brunson fürchtet um die Sicherheit Zehntausender Christen in der Region.

Der evangelikale Pfarrer war einmal das Aushängeschild der Trump-Regierung, die als Beschützerin von Religionsfreiheit und verfolgten Christen gelten möchte. Und er ist nicht allein mit seiner Kritik. Auch andere evangelikale Verbündete des US-Präsidenten halten die Schwächung der Kurden für Verrat am Kampf für Religionsfreiheit - und für eine neuerliche Gefährdung der dort lebenden Christen.

"Mandat des Himmels"

TV-Evangelist Pat Robertson wählte ein bizarr anmutendes Sprachbild.

Trump sei in Gefahr, "das Mandat des Himmels zu verlieren", wenn er Kurden und Christen in Syrien im Stich lasse. Er sei entsetzt. Der konservative evangelikale Blogger Erick Erickson wertete Trumps Entscheidung als "einen unerhörten Akt des Verrats" und twitterte:

"Schande über ihn." Dabei hatte doch Trump zur Freude seiner evangelikalen Anhänger noch zuletzt demonstrativ den UN-Gipfel zum Klimawandel ignoriert und stattdessen das Thema Religionsfreiheit zu einer Priorität erklärt.

"Wo ist die Politik, um die verfolgten religiösen Minderheiten auf der ganzen Welt zu schützen?", fragte Meighan Stone, eine Protestantin und führende Mitarbeiterin des "Rates für Außenbeziehungen". Es fehlten die Taten zu Trumps Worten.

"schändlichen Missachtung des Zivillebens"

Der kirchennahe Pressedienst Catholic News Service (CNS) berichtet, inzwischen lägen Belege dafür vor, dass türkische Truppen und ihre mehr oder weniger radikalislamischen Verbündeten unter den Anti-Assad-Rebellen entgegen Erdogans Zusicherung an US-Vizepräsident Michael Pence religiöse Minderheiten verfolgten. Amnesty International spricht von einer "schändlichen Missachtung des Zivillebens" und berichtet über "schwere Kriegsverbrechen". Der Vorsitzende des "Syrischen Nationalrates" in den USA, Bassam Ishak, bestätigte CNS telefonisch Einschüchterungen von Christen, die daran gehindert würden, ihre Felder zu bestellen. Ishak bezeichnet dies als Verfolgung und als eine "sanfte ethnische Säuberung".

Die israelnahe christliche Organisation CUFI Action Fund warnt vor der akuten Gefahr einer Vertreibung. Die türkische Invasion verfolge das Ziel, die christliche Präsenz im Nordosten Syriens zu beseitigen, so CUFI-Direktor Boris Zilberman. Die Angriffe auf die Kurden machten die christlichen Gemeinschaften dort "besonders verwundbar" - als Assyrer und Aramäer sind sie Nachfahren jener Christen, die bereits im Ersten Weltkrieg von den Türken mörderisch verfolgt wurden.

Hilfe für Christen

Religiöse Hilfsorganisationen versprechen zugleich, ihre Arbeit trotz fehlendem Schutz durch US-Truppen fortzusetzen. Zum Beispiel Open Doors, die vor Ort versuchen, Christen in Bedrängnis zu helfen. Deren Präsident David Curry zeigt sich enttäuscht, dass die Christen in Syrien von der westlichen Politik allein gelassen würden. Nach seinen Angaben sollen in der Kriegsregion rund 50.000 Christen leben; andere sprechen von bis zu 100.000. Seit 2011 sollen Hunderttausende Christen aus der Region geflohen sein.

"Wir müssen sicherstellen, dass wir diese religiösen Minderheiten unterstützen", gibt sich Curry kämpferisch - während Ishak immer noch auf ein politisches Umdenken in Washington hofft. Trump möge Gott um Erleuchtung bitten, appellierte er an den Präsidenten - "damit das Christentum in Syrien und dem historischen Mesopotamien nicht ausgelöscht wird".


Quelle:
KNA