Gottesdienst erinnert an Zugunglück von Eschede

"Wir fragen noch immer 'Warum'?"

Mit einem ökumenischen Gottesdienst haben Angehörige von Verstorbenen, Überlebende, Helferinnen und Helfer am Samstag an das ICE-Unglück von Eschede vor 20 Jahren gedacht.

 (DR)

"Für die einen ist der 3. Juni mit seinem Gedenken ein Tag im Kalender, anderen ist unvorstellbar tief ihr Herz mit diesem Datum verbunden", sagte der Lüneburger Regionalbischof Dieter Rathing in der örtlichen evangelischen Johanniskirche.

Bei dem Unglück am 3. Juni 1998 kamen 101 Menschen ums Leben. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt, als der ICE 884 "Wilhelm Conrad Röntgen" wegen eines gebrochenen Radreifens entgleiste und gegen eine Straßenbrücke prallte.

Tod könne die Bande der Liebe nicht zerreißen

Rathing sprach von der Trauer und der Wut angesichts der Dinge, die "Stückwerk" geblieben seien. Mangelhaft sei die letzte Inspektion des Zuges gewesen. Lange hätten die Betroffenen auf ein Entschuldigungswort der Verantwortlichen gewartet. Das Leben vieler sei durch das Unglück nur ein Fragment geblieben.

"Wir fragen noch immer: Warum?" Doch auch der Tod könne die Bande der Liebe nicht zerreißen, sagte er. "Weil diese Liebe zwischen Menschen, die getrennt wurden, im Vordergrund allen Gedenkens steht, sprechen auch wir heute groß von ihr."

Impuls zur professionellen Nothilfe

Der Regionalbischof erinnerte an Hunderte Rettungskräfte sowie an Ehrenamtliche und Seelsorger, die den Menschen am Unglücksort beigestanden haben. Ein ganzer Ort stehe in Eschede für gelebte Mitmenschlichkeit und Solidarität.

Von Eschede sei ein Impuls zur Einrichtung einer umfassenden und professionellen Notfall- und Einsatznachsorge in Katastrophenfällen ausgegangen. In der "Selbsthilfe Eschede" hätten viele Betroffene Verstehen und Zusammenhalt gefunden und seien in ihren Rechten und Interessen gestärkt worden.

Kirschbäume und Gedenktafeln

In dem Ort bei Celle erinnert eine Gedenkstätte mit 101 Kirschbäumen und einer Inschriftenwand mit den Namen der Getöteten an das schwerste Zugunglück in der bundesdeutschen Geschichte.

Dort wollen bei der zentralen Gedenkveranstaltung an diesem Sonntag unter anderem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), Bahnchef Richard Lutz und Heinrich Löwen sprechen, der bei dem Unglück seine Frau und seine Tochter verlor.


Unfallstelle in Eschede  / © Ingo Wagner (dpa)
Unfallstelle in Eschede / © Ingo Wagner ( dpa )
Quelle:
KNA