Sächsische Kirchenvertreter bedauern Rücktritt Tillichs

"Spürbare katholische Prägung"

Der Rücktritt von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich wird von dortigen Kirchenvertretern mit Überraschung und großem Bedauern aufgenommen. Der neue Leiter des Katholischen Büros war sogar noch am Vortag Gast von Tillich.

Im Schattenspiel: Stanislaw Tillich / © Arno Burgi (dpa)
Im Schattenspiel: Stanislaw Tillich / © Arno Burgi ( dpa )

Bischof Heinrich Timmerevers vom Bistum Dresden-Meißen erklärte, die Zusammenarbeit zwischen katholischer Kirche und Freistaat Sachsen sei in Tillichs Amtszeit durch ein sehr vertrauensvolles Miteinander geprägt gewesen. Timmerevers würdigte den CDU-Politiker als "Landesvater und Staatsmann von enormem Verantwortungsbewusstsein, höchster Vertrauenswürdigkeit und absoluter Integrität". Tillichs katholische Prägung sei für ihn deutlich spürbar gewesen.

Der evangelische Landesbischof Carsten Rentzing betonte, seine Gespräche mit dem Ministerpräsidenten seien "von einem guten Geist des Miteinanders" getragen worden. "Auch im ökumenischen Kontext der Kirchen habe ich ihn immer als einen aufmerksamen wie auch verständnisvollen Begleiter und Beobachter erlebt", so Rentzing.

Diakon Frank war noch am Vortrag des Rücktritts bei Tillich 

Mit am meisten überrascht haben dürfe der Rücktritt am Mittwoch den neuen Leiter des Katholischen Büros Sachsen, Diakon Dr. Daniel Frank. Noch am Vortrag hatte er seinen Antrittsbesuch als landespolitischer Vertreter der sächsischen Katholiken bei Tillich absolviert. Gegenüber domradio.de sagte er, dass bei seinem Antrittsbesuch von dieser Entscheidung nichts zu spüren war.

"Der Eindruck, mit dem mir Stanislaw Tillich begegnet ist, war aufgeschlossen. Er hat sich gefreut und uns eine gute Zusammenarbeit gewünscht. Er hat auf viele Jahre einer vertrauensvollen Arbeit zurückgeblickt und hat mir gesagt, dass er sich freut, diese vertrauensvolle Zusammenarbeit fortzusetzen. Es gibt ein gutes Fundament, auf dem wir aufbauen können." Daniel Frank glaubt, dass der CDU-Politiker mit diesen Aussagen nicht sich als Person meinte, sondern die Zusammenarbeit mit der sächsischen Landesregierung im Allgemeinen. 

Bei der Zusammenarbeit zwischen Katholischem Büro und dem Freistaat Sachsen sei, laut Frank, auf eine Trennung zwischen Staat und Kirche zu achten. "Aber nichtsdestotrotz gibt es sehr viele Themen, Herausforderungen, Aufgaben, bei denen Staat und Kirche zusammenwirken. Gerade wenn es darum geht, Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen abzuholen und zu berücksichtigen. Das ist eine Aufgabe, die sich für den Bischof genauso wie für den Ministerpräsidenten stellt. Und da hat mir auch mein Vorgänger geschildert, dass es in der Vergangenheit immer einen guten und vertrauensvollen Austausch zwischen dem katholischen sowie evangelischen Bischof und dem Ministerpräsidenten gegeben hat."

Michael Kretschmer möglicher neuer Regierungs- und Parteichef

Tillich, selbst katholisch, schlägt als künftigen Regierungs- und Parteichef den sächsischen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer vor. Der Protestant würde damit zu den jüngsten deutschen Politikern in diesem Amt gehören. Frank ist bemüht, die Zusammenarbeit zwischen dem Katholischen Büro und dem neuen Minister auf genau die gleiche Weise fortzuführen wie bislang. Er sei sehr zuversichtlich, dass das auch klappen wird, da das Katholische Büro auch schon in der Vergangenheit gute und vertrauensvolle Kontakte mit Michael Kretschmer gepflegt habe.

Dekan Giele: Tillich hat Platz gemacht für neue Akzentsetzungen

Auch der katholische Dekan von Leipzig, Pfarrer Gregor Giele, war überrascht über den plötzlichen Rücktritt Tillichs, wie er gegenüber domradio.de verriet. Den möglichen Nachfolger Michael Kretschmer kenne er von verschiedenen Veranstaltungen, dennoch sei er gespannt, wie er seine Arbeit angehen werde, denn "niemand wird zum Ministerpräsidenten ausgebildet. Aber Michael Kretschmer ist schon lange Generalsekretär und hat über zwölf Jahre immer wieder das Vertrauen der Gesamtpartei bekommen. Das heiß, es wird innerhalb der Partei in ihm ein Potential gesehen, was sehr groß und stark ist."

An einen kompletten politischen Neuanfang mit Kretschmer an der Spitze glaubt Giele indes nicht, aber dies sei auch zweitrangig, so der Dekan weiter. "Es geht darum, sich gleitend zu verändern in einzelnen Punkten. Ich weiß nicht, was Stanislaw Tillich bewegt hat, aber irgendwie hat er wahrscheinlich erkannt, dass die neuen Herausforderungen, die sich anhand des Bundestagswahlergebnis gezeigt haben, eine neue Herangehensweise verlangen und die hat er bei sich selbst wahrscheinlich nicht entdeckt und stattdessen Platz gemacht. Und für neue Akzentsetzungen halte ich einen neuen Ministerpräsidenten immer für gut und geeignet.“

Dompropst Giele blickt der Entwicklung, dass nach drei katholischen Ministerpräsidenten nun möglicherweise mit Michael Kretschmer ein evangelischer das Amt erhält, gespannt entgegen. Denn die Ökumene in Sachsen "laufe sensationell, landauf, landab. Leider wird davon aber nur selten berichtet. Und bei einer gut funktionierenden Ökumene wird die Zusammenarbeit auch weiterhin gut bleiben zwischen den Kirchen und der Politik.“


Michael Kretschmer möglicher neuer Ministerpräsident von Sachsen / © Monika Skolimowska (dpa)
Michael Kretschmer möglicher neuer Ministerpräsident von Sachsen / © Monika Skolimowska ( dpa )

Pfarrer Gregor Giele: Propst der Trinitatiskirche und Dekan von Leipzig   / © Gregor Giele (privat)
Pfarrer Gregor Giele: Propst der Trinitatiskirche und Dekan von Leipzig / © Gregor Giele ( privat )
Quelle:
DR