Vor 75 Jahren starb Ordensmann Reinisch unter dem NS-Fallbeil

Geistlicher im Widerstand

Der Ordensmann Franz Reinisch ist der einzige Priester, der den Kriegsdienst für die Nationalsozialisten verweigert hat. Er wollte sich nicht an die Diktatur anpassen und wurde dafür getötet. Am heutigen Montag gedenkt die Kirche seinem Märtyrertod.

Autor/in:
Anselm Verbeek
Franz Reinisch (1903-1942) – Ordenspriester und Märtyrer (KNA)
Franz Reinisch (1903-1942) – Ordenspriester und Märtyrer / ( KNA )

Der Ordenspriester Franz Reinisch wollte nicht in der Wehrmacht dienen, die Hitler zu einem gefügigen Instrument der Diktatur gemacht hatte. "Man darf diesem Verbrecher keinen Eid leisten" und einem Unrechtsregime dienen. Diese Meinung vertrat Reinisch als felsenfesten Grundsatz - ob offen in privater Diskussionsrunde oder, vorsichtiger formuliert, als Seelsorger in der Öffentlichkeit. 

Kompromissbereite Mitbrüder konnten sich auf die Autorität der Bischöfe berufen. Nach Hitlers Überfall auf Polen mahnten sie im September 1939 alle "katholischen Soldaten, in Gehorsam gegen den Führer, opferwillig... ihre Pflicht zu tun".

Auf Verweigerung stand die Todesstrafe

Franz Reinisch ist indes seinem Gewissen gefolgt, hat den Fahneneid auf "Führer" und Kriegsdienst verweigert. Für die NS-Justiz machte er sich eines todeswürdigen Vergehens schuldig: "Zersetzung der Wehrkraft". Vor 75 Jahren, im Morgengrauen des 21. August 1942, verblutete der Pallottiner unter dem Fallbeil des Zuchthauses Brandenburg. Reinisch war der einzige Priester, der Hitler den Fahneneid verweigerte. Seine Eltern und ein mutiger Gefängnisseelsorger haben ihn geistig auf seinem einsamen Weg in Widerstand und Tod begleitet.

Vor allem der Pallottiner Josef Kentenich, der Reinisch in Schönstatt-Valendar am Rhein für seine charismatische Bewegung gewann, stärkte ihm den Rücken: Der väterliche Freund riet in der Eidesfrage, jeder solle dem "Gewissensruf folgen". Pater Kentenich wusste, wie dornig der Lebensweg nach der inneren Stimme werden kann: 1941 verschwand er im KZ Dachau, zehn Jahre später musste er wegen Unstimmigkeiten mit Rom vorübergehend ins amerikanische Exil.

Hohelied auf die Würde des Menschen

Franz Reinisch war nicht nur ein zutiefst religiös getragener Mensch, sondern auch ein politischer Denker. Den "Anschluss" Österreichs an das Reich unter dem Hakenkreuz im März 1938 hat er als gebürtiger Tiroler eine "Besetzung" genannt - auch nach der Zustimmung seiner Landsleute und der österreichischen Bischöfe. Angesichts der kirchenfeindlichen Maßnahmen des totalitären Staates beharrte Reinisch auf "Notwehr und Verweigerung des Treueides".  Auf Reisen durch Deutschland warb Reinisch von Kanzel oder Rednerpult mit Anklang an den militaristischen Zeitgeist für "eine Missions-Gebetsarmee".

Mutig war seine Botschaft, Jesus sei "gestorben für alle, auch für die Juden". Am 12. September 1940 traf Reinisch, der gerade in Aachen eine Predigtreihe hielt, durch die Berliner Gestapo ein Redeverbot für ganz Deutschland. Fortan wirkte er im Untergrund. Dem Wanderprediger eine feste Seelsorgestelle zu verschaffen, um ihn vom Militärdienst freizustellen, misslang - nicht zuletzt wegen bischöflicher Ressentiments, der Schönstätter sei ein fanatischer Sektierer. Im April 1942 erreichte Reinisch der Gestellungsbefehl. Unbeirrt hat er den Fahneneid auf das christenfeindliche Regime bis zum Gang unter das Fallbeil abgelehnt. Sein Lebensopfer verstand er als "ein Hohelied ... auf die Würde des Menschen". 

Seligsprechungsprozess eröffnet

Der gerade Lebensweg von Franz Reinisch hat seine Oberen zuletzt beeindruckt. Selbst Papst Pius XII. kondolierte dem Pallotiner-Oberen: Er sei im Zweifel, ob er "wegen des Verlustes eines Mitglieds von solch hochherziger Haltung" klagen oder "zur Glorie, die jener erworben, seinen Glückwunsch aussprechen" solle.

Mittlerweile wurde der Prozess der Seligsprechung für den Märtyrer eröffnet. Damit gehört Reinisch zu dem kleinen Kreis von 251 Verweigerern, über die das Reichskriegsgericht während der Kriegsjahre nachweislich das Todesurteil verhängt hat. Insgesamt hat die Militärjustiz im Dienst der NS-Vernichtungsmaschinerie mehr als 30.000 Todesurteile gefällt.


Ehemaliges Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau (KNA)
Ehemaliges Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau / ( KNA )
Quelle:
KNA