Katholikentag beginnt mit seiner inhaltlichen Arbeit

Ganz Münster sucht den Frieden

Frieden suchen - beim 101. Deutschen Katholikentag in Münster machen das seit Mittwochabend Zehntausende. Und das auf ganz unterschiedliche Art: persönlich und politisch.

Gottesdienst an Christi Himmelfahrt / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Gottesdienst an Christi Himmelfahrt / © Rolf Vennenbernd ( dpa )

Das Motto scheint den Nerv der Zeit zu treffen: "Suche Frieden" heißt das Leitwort des Deutschen Katholikentags, und das ist allein schon in Anbetracht des Syrien-Kriegs und des Konflikts zwischen Iran und Israel hochaktuell. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der frühere Außenminister, spricht in der voll besetzten Halle Münsterland über "Frieden durch internationale Kooperation". Zwei Stunden später erzählte dort der kolumbianische Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos, wie der Versöhnungsprozess in dem durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg geschundenen südamerikanischen Land verläuft. Bei beiden Veranstaltungen haben Menschen schon Stunden vorher angestanden.

Auch beim zentralen Christi-Himmelfahrts-Gottesdienst ging es um Frieden. Der gastgebende Münsteraner Bischof Felix Genn brach das Thema vor 25.000 Teilnehmern auf die persönliche Ebene herunter und rief jeden einzelnen auf, sich zu überlegen, welche Waffen er symbolisch vernichten kann. "Das ist die Aufgabe, die uns der Katholikentag, und zwar jedem Einzelnen von uns, stellt." An der Feier nahmen auch Steinmeier, seine Frau Elke Büdenbender und mehrere Bundesminister teil.

Leider Regen

Variantenreich geht es bei regnerischem Wetter auch auf der Kirchenmeile mit seinen 330 Ständen um das Katholikentags-Motto: Das Münsteraner Institut für Theologische Zoologie wirbt beispielsweise mit dem Slogan "Suche Frieden mit den Tieren" - daneben auf einem Foto: Esel Fridolin in Lebensgröße. Ausdrücklich als "nicht ideologisch und fundamentalistisch" beschreibt Hans Scholten die Arbeit der Einrichtung. Deutlich machen will die Initiative, dass der Bund Gottes "auch allen Tieren gegolten" habe, die Noah mit auf seine Arche nahm. Ins heute übersetzt bedeute das: Frieden mit der Schöpfung.

Ein paar Meter weiter ermuntert der Jesuitenorden, persönliche Friedensbotschaften zu formulieren, sich damit neben ein knapp zwei Meter hohes Bild des Papstes zu stellen und abfotografieren zu lassen. Anschließend sollen die Fotos über die sogenannten Sozialen Medien verbreitet werden. Schon beim Aufbau des Standes hatten vier Polizisten die Möglichkeit genutzt, sich neben Franziskus ablichten zu lassen, wie Pater Martin Stark von der Deutschen Provinz des Ordens berichtet.

50.000 Dauerteilnehmer, über 21.000 Tagesgäste

Es sind solche Geschichten, die zeigen, dass der Katholikentag erstmals seit vielen Jahren wieder das Bild einer Stadt in dieser Intensität für fünf Tage prägen kann. Mehr als 50.000 Dauerteilnehmer, über 21.000 Tagesgäste, die meisten ausgestattet mit türkisfarbenen Schals und Halsbändern. Anders als beim Katholikentag in Leipzig vor zwei Jahren, wo eher ein freundliches Desinteresse und Irritationen über religiös geprägte Menschen herrschten, scheint der Katholikentag in Münster tatsächlich eine Heimat zu finden.

Das mag auch an der Geschichte der Stadt liegen, in der 1648 der vor genau 400 Jahren ausgebrochene Dreißigjährigen Krieg beendet wurde. Ein wichtiger Meilenstein für eine europäische Friedensordnung und der Beginn der Gleichberechtigung zwischen Katholiken, Lutheranern und Calvinisten. An diesem Donnerstag spielt vor dem Friedenssaal im Historischen Rathaus die Freiwillige Feuerwehr Münster Songs der Beach Boys. Hunderte haben ihren Spaß.

Franziskus wirkt

In einer solch heiter-fröhlichen Atmosphäre ist es zweifellos gut möglich, friedlich miteinander umzugehen. Aber wie funktionieren das Miteinander und der Austausch von Interessen, wenn Figuren wie Donald Trump, Recep Tayyip Erdogan, Kim Jong-un, Wladimir Putin oder Viktor Orban ins Spiel kommen? Genn hatte in seiner Ansprache Franziskus zitiert: "Sicher können wir beten, aber nicht nur das: Jeder kann konkret 'Nein' zur Gewalt sagen, insoweit sie von ihm oder von ihr abhängt." Durch Gewalt errungene Siege seien "falsche Siege". Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, formuliert es ähnlich: Wirklicher Frieden entstehe nur dort, wo es nach einer gesichtswahrenden Einigung eben nicht Sieger und Besiegte gebe.

 


Quelle:
KNA