Bundeskanzlerin Merkel beim Katholikentag

"Nicht über Nacht, aber mit aller Macht"

Zwei Tage nach dem viel diskutierten Röttgen-Rausschmiss war Bundeskanzlerin Merkel beim Katholikentag. Doch in Mannheim ging es nicht um den rauen Politikalltag. Im Mittelpunkt ihrer Rede: der demographische Wandel.

 (DR)

"Er kommt nicht über Nacht, der demografische Wandel, aber er kommt mit aller Macht", sagte Merkel am Freitag auf dem 98. Deutschen Katholikentag in Mannheim. Dieser absehbare Prozess sei aber eine große Chance: "Wir können uns rechtzeitig auf Veränderungen einstellen."



Zugleich warnte sie unter großem Applaus davor, "die Interessen und Belange von Jungen und Alten gegeneinander auszuspielen": "Jedes Alter braucht etwas, und jedes Alter kann etwas." Die Kanzlerin reiste im Anschluss zum G8-Gipfel in Camp David bei Washington.



Als Konsequenz aus einer älter werdenden Gesellschaft rief Merkel die Wirtschaft dazu auf, ältere Menschen besser in die Arbeitswelt zu integrieren. Ältere seien im Berufsleben über Jahrzehnte hinweg nicht ausreichend gewürdigt worden. Es komme auf die richtige Mischung aus Erfahrung, Routine und Schnelligkeit an. Merkel verteidigte die Entscheidung zur Rente mit 67. Die Lebensarbeitszeit müsse an den demografischen Wandel angepasst werden.



Und andere Forderungen

Aus der sich verändernden Bevölkerungspyramide würden zwar durchaus Probleme erwachsen, räumte sie ein. Wichtig sei es vor allem, die Gerechtigkeit zwischen den Generationen und die Anpassung des Rentensystems auch mit Blick auf das Thema Altersarmut im Blick zu behalten. So wichtig es sei, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, solle man aber auch die Gegenwart ausreichend genießen. Mehr Lebenszeit sei auch ein Gewinn.



Die Kanzlerin klammerte auch die Schattenseiten des Alters nicht aus. Das Leben stehe von seinem Beginn bis zu seinem Ende "nicht zur Disposition". Die Würde des Menschen sei keine Frage des Alters oder der Leistungsfähigkeit.



Die CDU-Vorsitzende warnte auch vor einer völligen Ökonomisierung des Familienlebens. In der Berufswelt sei mehr Respekt vor den Familien nötig. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie müsse gestärkt werden, fügte Merkel hinzu.



"Wir altern anders"

Die Veranstaltung "Aufbrüche in eine(r) Gesellschaft des langen Lebens" wurde von mehreren Zwischenrufen unterbrochen. Zudem hatten Demonstranten Plakate gegen einen von Deutschland ausgehenden Waffenhandel entrollt.



Norbert Schneider, Direktor des Bundesinstitutes für Bevölkerungsforschung in Wiesbaden, erklärte, der demografische Wandel sei ein vielschichtiger Prozess, der auch schon lange laufe. Die Wissenschaft habe bereits gezeigt: "Wir altern anders." Wenn es gelinge, das Potenzial älterer Menschen für die Gesellschaft besser zu erschließen, "dann ist mir nicht bange". Insgesamt sei das Klima zwischen den Generationen sehr gut.