Kurz vor dem Katholikentag kommt das ZdK zur Vollversammlung zusammen

Aufbruch mit Aufruf

Die Katholiken kommen: Heute startet in Mannheim der 98. Katholikentag. Die Stadt hat sich für das Großereignis geschmückt. Auch die Vollversammlung des ZdK schaut auf den Katholikentag – und verabschiedet einen "Mannheimer Aufruf".

Autor/in:
Anna Kohn
 (DR)

Durch den Regen sehen sie aus wie kleine Leuchtfeuer. Es gießt in Strömen in Mannheim, aber die roten Rucksäcke sind trotzdem nicht zu übersehen. Direkt vor dem Bahnhof steht einer, mannshoch, monumental, signalrot. Wer aus der Bahnhofstür tritt, sieht direkt: Mannheim steht im Zeichen des Katholikentages.



Auf dem Weg in die Innenstadt begleitet einen das rote Gepäckstück weiter. Mal prangt der Rucksack von einem Plakat an einer Häuserwand, mal läuft man an einem weiteren zwei Meter hohen Riesenrucksack vorbei. Auch in dem Saal, in dem das Zentralkomitee der Katholiken (ZdK) sich zur Vollversammlung trifft, hängt hinter dem Rednerpult ein Plakat mit dem Maskottchen des Katholikentages. Daneben das Motto des Katholikentages "Einen neuen Aufbruch wagen."



"Die Situation in unserer Kirche ist mehr als die Summe ihrer Defizite"

Über diesen Aufbruch sprach auch Alois Glück, Präsident des ZdK, in seinem "Bericht zur Lage". Er bezog das Leitwort auch auf die Politik - und forderte eine deutlichere Einmischung der Christen in das Geschehen in Europa. "In diesem Sinne ist der sogenannte "politische Katholizismus’ wichtig." Denn Christen seien einer Gesellschaftsordnung verpflichtet, die den Mensch in den Mittelpunkt stellt, so der Präsident. Langfristig sei das das Erfolgsmodell gegenüber dem marktorientierten System, meint Glück, und gerade deswegen könne man es auch mit Selbstbewusstsein vertreten.



Neben der aktuellen Situation in Europa beschäftigte Glück auch die Lage der Kirche. "Die Situation in unserer Kirche ist mehr als die Summe ihrer Defizite", stellt er klar. Es geschehe viel Großartiges, das man sich immer wieder vor Augen führen müsse. Zurzeit sei die Kirche allerdings in einer Phase "wichtiger Weichenstellungen mit Langzeitwirkung". Die soziale Struktur der Kirche verändere sich, einmal durch den demographischen Wandel, aber auch durch den wachsenden Mangel an Priestern. Dies erfordere einen "tiefgreifenden Kulturwandel" bei allen Beteiligten. Christen müssten selber aktiv werden und sich nicht länger auf die "Versorgungskirche" verlassen.



Und noch ein Aufbruch erfreute Glück, einer, der allerdings schon letztes Jahr begonnen hat: den innerkirchlichen Dialogprozess. Hier forderte der Präsident konkrete Ergebnisse. Zwar wolle er mit dieser Aussage keinen Druck ausüben, betonte Glück - aber es sei wichtig, dass jetzt "alle Beteiligten "Farbe bekennen’" und den Willen zur Veränderung zu spüren bekämen. Nur so könne die Bereitschaft zur engagierten Mitarbeit aller Christen auf Dauer erhalten bleiben.



Einsatz für eine neue Qualität von Fortschritt

Engagierte Mitarbeit ist auch eine der vier tragenden Aussagen des "Mannheimer Aufruf", den das ZdK nach Glücks Lagebericht verabschiedete. "Wir wollen nicht Zuschauer sein, sondern Mitgestalter", heißt es hier. Engagement statt Resignation sei die Antwort auf Krisen in Staat und Kirche. Ein weiterer Punkt des Papieres ist der Einsatz für eine "den Menschen dienende Kirche". Ausführlich beschreibt der "Mannheimer Aufruf", was damit gemeint ist: Eine Kirche, die sich der Lebenswirklichkeit des Menschen zuwendet, die das Verbindende zwischen verschiedenen Gruppen innerhalb der Kirche sucht, die den Dialog zwischen Religionen und Kulturen sucht.



Der dritte Aspekt des "Mannheimer Aufrufes": der Einsatz für eine neue Qualität von Fortschritt. Ein "sparsamer, schonender Umgang mit den Gütern dieser Erde" und "eine sozial verträgliche Entwicklung" seien hier das Ziel. Der letzte Punkt des "Mannheimer Aufrufes" bezog sich schließlich auf den Katholikentag selbst: Hier biete sich die Chance, lebendige Kirche zu erleben.



Ab morgen wird sich diese Chance für alle Katholiken bieten, die in Mannheim dabei sind. Bleibt nur zu hoffen, dass Petrus bis dahin ein Einsehen hat - und die roten Rucksäcke dann im Sonnenlicht statt im Regen leuchten.