"60sekundenkirche" - Glaubenswissen mal anders

"Wir sind ja keine Larifari-Religion"

"Was ist ein Dogma?" oder "Was macht der Hahn auf dem Kirchturm?" - diese Fragen beantwortet der Instagram-Account "60sekundenkirche". Er soll auch Menschen ansprechen, die nicht am Gemeindeleben teilhaben, sagt Mitgründerin Sarah Didden.

"60sekundenkirche" vermittelt Glaubenswissen auf Instagram (shutterstock)
"60sekundenkirche" vermittelt Glaubenswissen auf Instagram / ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Was genau machen Sie auf ihrem Account "60sekundenkirche"

Sarah Didden (Gemeindeassistentin im Sendungsraum Köln-Porz): Wir sind ein Kanal auf der Internetplattform Instagram. Wir posten regelmäßig oder laden Videos hoch. In 60 Sekunden erklären wir wissenswerte Sachen rund um die katholische Kirche, rund um unseren Glauben. 

DOMRADIO.DE: Und wer ist wir? 

Didden: Wir, das sind neun junge Menschen, die aus verschiedenen Bistümern kommen - Hildesheim, Fulda, Köln, Paderborn. Wir haben uns größtenteils im Studium in Paderborn in der Religionspädagogik kennengelernt und sind Gemeindeassistenten oder Priesteramtskandidaten. 

DOMRADIO.DE: Sie alle erzählen also in diesen Mini-Videos auf Instagram etwas über die Kirche. Was denn zum Beispiel? 

Didden: Das ist sehr vielfältig. Mittlerweile haben einige auch schon ihr Steckenpferd-Thema. Wir machen einiges rund um die Bibel, also Altes und Neues Testament. Etwa: "Wer hat die Bibel denn überhaupt geschrieben?" Aber auch Fragen wie: "Was ist denn ein Dogma?" oder sehr weltliche Fragen, die das eigene Gebetsleben angehen. Maria war jetzt beispielweise Thema im Monat Mai. Also - alles rund um die Kirche, was uns so einfällt und was spannend sein könnte. 

DOMRADIO.DE: Da geht es zum Beispiel um die Frage: "Wofür steht eigentlich der Hahn, der oben auf der Kirche sitzt?" Gemeindeassistentin Anna-Lena beantwortet das so: "Der Hahn auf der Kirchturmspitze läutet für uns nicht den Morgen ein, sondern geht auf eine bekannte neutestamentlichen Erzählung zurück, in der Jesus seinem Freund Petrus prophezeit, dass er es ist, der ihn dreimal verleugnen wird, bis der Hahn kräht." Also vieles hat einen großen Aha-Effekt. Sind das denn Dinge, die Sie im Studium lernen? 

Didden: Zum Teil ja, zum Teil nein. Das mit dem Hahn auf dem Kirchturm lernt man nicht so direkt. Aber wir haben festgestellt: "Mensch, wir haben so viel im Studium gelernt. Warum das nicht nach außen tragen." Wir hatten tatsächlich ein sehr praxisorientiertes Studium. Und im letzten Jahr ging es auch um solche Fragen, die vielleicht Menschen stellen und darum, wie man das Menschen gut erklären kann. Das versuchen wir jetzt auch umzusetzen. 

DOMRADIO.DE: Glauben Sie denn, die Menschen wissen von diesen Dingen auch immer weniger? 

Didden: Ich glaube, zum Teil schon. Ich habe immer das Gefühl, dass sehr, sehr viele Vorurteile über die katholische Kirche kursieren und viele Leute teilweise über Themen mitreden wollen, aber oft der Hintergrund fehlt. Nicht umsonst ist Theologie ein Studienfach, das man fünf Jahre lang studieren kann. Und da steckt eine Menge mehr hinter als das, was man erst einmal so oberflächlich weiß und sieht. 

DOMRADIO.DE: Wonach konkret wählen Sie diese Fragen denn aus? Sind das Sachen, die Sie auch persönlich interessieren? 

Didden: Zum größten Teil sind das Sachen, die uns persönlich interessieren. Aber wir lernen ja auch dazu - der Account ist noch sehr jung. Deshalb haben wir angefangen, mit den Leuten zu interagieren und zu fragen: "Was interessiert die eigentlich so?" Und wir versuchen dann auch, ein bisschen darauf einzugehen. 

DOMRADIO.DE: Sie stellen ja teilweise auch Rückfragen an die Nutzer. Auch Anna-Lena hat zum Beispiel noch eine Frage gestellt, als es um den Hahn auf der Kirchturmspitze ging, und zwar: "Welche Tiere fallen Dir außer dem Hahn noch ein, die in der christlichen Geschichte eine wichtige Bedeutung haben?" Wie ist die Resonanz auf solche Fragen? Melden sich da viele? 

Didden: Ja, tatsächlich schon. Ich glaube, gerade bei so einer Frage melden sich Leute, die sich vielleicht supergut auskennen mit der Bibel und da noch das eine oder andere exotische Tier raushauen. Aber das ist eben auch eine Frage, zu der eigentlich jeder etwas sagen kann, weil beispielsweise die Weihnachtsgeschichte mit Ochs und Esel jeder schonmal gehört hat.

DOMRADIO.DE: Was Sie dort teilen, ist ja Glaubenswissen. Hat das für Sie auch etwas mit Bewahrung zu tun? Ist das die Motivation, das nach außen zu tragen? 

Didden: Ja, klar, auf der einen Seite die Bewahrung der Tradition, die wir haben. Das ist eine Menge Wissen. Auf der anderen Seite, denke ich auch, um richtig tief glauben zu können, hilft es schon, das ein oder andere zu wissen. Denn wir sind ja keine Larifari-Religion. 

DOMRADIO.DE: Inwieweit ist dieses Glaubenswissen auch für Sie in Ihrem zukünftigen Beruf wichtig, als Gemeindereferentin. 

Didden: Ich glaube, ganz selten kommt jemand und fragt ganz konkret: Wer hat denn jetzt eigentlich die Bibel geschrieben oder wann war das? Aber es passiert oft in Gesprächen, nebenbei, dass Fragen gestellt werden, hinter denen sich genau solches Wissen verbirgt. Dann braucht man es eben doch und muss es auf eine einfache und trotzdem irgendwie informative Art und Weise rüberbringen. Und am besten auch kurzweilig und spannend. 

DOMRADIO.DE: Was ist das Schöne an diesem Beruf der Gemeindereferentin? 

Didden: Die Vielfältigkeit und der persönliche Kontakt zu den Menschen. Ich habe mit Kindergartenkindern zu tun. Ich habe mit Senioren zu tun und allem, was ansonsten so an Spektrum dazwischen liegt. Dieser persönliche Kontakt, die längere Begleitung im Leben, im Glauben und die Verzahnung, das macht es einfach aus. Das kenne ich in kaum einem anderen Job so intensiv. 

DOMRADIO.DE: Ein Beruf, der auch unheimlich viel mit Nähe zu tun hat. So richtig geht das ja jetzt in der Corona-Zeit nicht. Ist das auch mit ein Grund, weshalb Sie mit Ihren Kommilitonen die "60sekundenkirche" gegründet haben? Weil Sie sagen: Wir wollen in Kontakt bleiben. Und über die sozialen Medien geht das gut? 

Didden: Ja, auf jeden Fall war das eine Motivation. Das Ganze ist ja auch in der Hochphase der Corona-Krise entstanden. Es ist nochmal eine andere Art und Weise der Kommunikation, und es spricht auch noch einmal andere Menschen an, die vielleicht ansonsten nicht in der Kirche sind oder am Gemeindeleben teilnehmen. Und es ist natürlich auch bistumsübergreifend.

Das Interview führte Verena Tröster.


Quelle:
DR